Januar / Februar 2023

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

Ankommen im Chtuluzän

Ein Ansatz zum tentakulären Entwerfen.

von Gerda Stöckel

Hochschule:

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

Abschluss:

Master

Präsentation:

19.12.2022

Lehrstuhl:

Prof. Gio Caminada

Rubrik:

Theoretische Themen

Software:

AutoCAD, Rhino, PSD, InDesign

1
Lernen mit dem Gegebenem umzugehen
bzw. Second-Hand Structure

wie die Taschen meines alten Mantels zu durchwühlen
um eine saubere Oberfläche zu ertasten

wie das Kleid meiner Grossmutter
weiterweben, weiternähen, weiterflechten

den Abbruch gutzuheissen
als einzige Lösung um Ordnung zu schaffen, wäre ein Irrtum

im Gegenteil !

der Schlüssel liegt im Wieder & Wiederverwenden
es ist wie Denken, Nachdenken, Weiterdenken
über die Dinge.

2
Ein Körper, als Masse, als Membran, ein Gewebe, eine Haut
als Hülle, Tuch, Samt, Seide
- keine Burg, aber mit ihr verwandt -
wie eine Umarmung
gebunden, verflochten

3
in einem Nebeneinander von Bewegungen
und Überlagerung von Funktionen
in einem Ineinander von Innen- und Aussenraum
und wiederum Aussenraum.

Ein Innen und ein Aussen
und Dazwischen:
In-der-Welt-sein.

In Anlehnung an D. Harraway, E. Miralles, P. Zumthor und M. Heidegger

Durch präzise Interventionen, die einen partiellen Abbruch sowie ein Weiterbauen bedeuten, entsteht eine städtebauliche Figur, die das neue Tor zur Stadt Zürich bildet.

Der Entwurf besteht aus einer simplen Geste - im Ausdruck vergleichbar mit einem Textil, welches über die existierenden Gebäude gelegt wird, zusammennäht, was auseinanderreissen möchte und gleichzeitig an den Qualitäten weiterwebt, die den Ort ausmachen.

Diese Geste ist eine Holzkonstruktion, die als Rücken die existierenden Wohngebäude stärkt. Sie dient einerseits als Filter, andererseits ermöglicht sie den Bewohner*innen die Südorientierung, die topografische Hanglage und die Ausrichtung zur Limmat zu nutzen.
An den Ecken Nordsteig/Wasserwerkstrasse und Stampfenbachstrasse/Wasserwerkstrasse werden zwei neue Wohngebäude errichtet, die als Klammern für die neue städtebauliche Figur dienen.

Da eine enorme Lärm- und Emissionsbelastung an der Wasserwerkstrasse vorherrscht, wird entlang der Wasserwerkstrasse ein 200m langer Produktionsriegel gesetzt, der die höhergelegenen Wohngebäude abschirmt.

Die Nutzer*innen des Riegels werden durch eine Aufschüttung von Sihlsteinen und Molasse, die sowohl den Baugrubenverbau als auch eine Rauminstallation bilden, für die Einzigartigkeit der Geomorphologie und Topografie des Ortes sensibilisiert, um ein Gleichgewicht zwischen Natur- und Kulturlandschaft herzustellen. Diese Intervention dient jedoch nicht nur als Baugrubenverbau, sondern ermöglicht gleichzeitig den Produktionsriegel ohne thermische Isolation, ausschliesslich mit der Speichermasse der Erde, nutzbar zu machen.

Die Struktur des Gewerbes ist mit der Membran, die vor die Wohngebäude gesetzt wird und im Zwischenraum einen Garten bildet, verbunden.

Die städtebauliche Form wird an drei Punkten durch Treppen, die an die Treppen des Zürichbergs erinnern, perforiert. Dadurch werden die Passanten eingeladen, durch das neue Tor zu gehen, um in eine andere Welt einzutauchen, die viele unterschiedliche Welten in sich aufnehmen kann.
Text von Gerda Stöckel.