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November / Dezember 2024

Bauhaus-Universität Weimar

Poesie der Lücken

Schillerstraße 70, Cottbus

von Paul Mielke

Hochschule:

Bauhaus-Universität Weimar

Abschluss:

Master

Präsentation:

14.10.2024

Lehrstuhl:

Professur Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Dipl.-Ing. Johannes Kuehn + Professur Entwerfen und Wohnungsbau, Prof. Dipl.-Ing. Verena von Beckerath + M.Sc. Julius Tischler

Rubrik:

Wohnbauten

Software:

ArchiCAD, Indesign, Enscape, Adobe Photoshop, Excel

Im Jahresmittel von 2019 bis 2022 wurden in Deutschland 52 ha Siedlungs- und Verkehrsfläche neu ausgewiesen - pro Tag! Das Ziel der Senkung der Flächeninanspruchnahme auf 30 ha pro Tag wurde verfehlt und auf 2030 vertagt. Die Auswirkungen sind sozialer und ökologischer Natur sowie hohe kommunalökonomische Kosten. Das Themenfeld der Innenentwicklung und Nachverdichtung ist für Planende wichtiger denn je und bietet mehr als viele andere Aufgaben Möglichkeiten zur Einflussnahme auf und Stärkung von bereits existierenden Quartieren.

"Poesie der Lücken" setzt sich mit dergleichen Potentialen in Cottbus auseinander. In direkter Innenstadtnähe, zwischen Bahnhof und Uni gelegen, wurde untersucht, wie ausgehend von einer Baulücke im Blockrandgefüge, über eine Erweiterung des betrachteten Gebietes in das Blockinnere, Innenentwicklungspotentiale zu einer positiven Aneignung und Erweiterung des Gegebenen beitragen können.

Die heterogene Struktur des untersuchten Teilblocks besteht aus Wohnnutzungen im Blockrand und einer breiten Aneignungskultur der Industriebrachen im Blockinneren. Nutzungen wie, Fahrschule, Autowerkstatt und Getränkemarkt bilden dabei Räume im Blockinneren ab, welche aktuell wenig Bezug zueinander oder Mehrwert für das Quartier selbst vermitteln. Die Ausbildung von Sackgassensituationen und Un-Orten des Unzugänglichen sind die Folge.

In Reaktion auf die vorgefundene Situation, die die Grundstücke rahmenden Brandwandmomente sowie die Vermittlung zwischen den diversen Maßstäben der Umgebungsbebauung entstand der Städtebau über das Erproben und Verändern verschiedener Typologien am Ort. Typologien, welche in ihrer Varianz die existierenden Räume ordnen und eine Einladung an die Öffentlichkeit über die Ausgangsgrundstücke hinaus formulieren. Entsprechende Innen- und Außenräume bilden allen voran in den Erdgeschosszonen die Möglichkeit zur Aneignung als Ausdruck der Bewohnerschaft, sowie Angebote zur Bespielung des öffentlichen Raumes ab. Möglichkeitsräume, auch für die Weiterentwicklung geschaffener Konzepte, werden eröffnet.

Über das Erproben verschiedener Arten des Abbildens und Anpassens an diverse Lebensmodelle und Situationen bildet das Projekt drei Organisationsschemata zur Stärkung der Nutzungsresilienz ab, welche in ihrer Kombination ein heterogen belebtes Quartier ermöglichen. In Grundrissvariationen wurden hierzu mehr als 20 Modelle des Zusammenlebens, des Austauschs und der Erweiterbarkeit exemplarisch erprobt. Die Baukörper entwickeln ihren variierenden Fassadenduktus repräsentativ aus dem Abbild dieser inneren Methodologie.

Neben der architektonischen und urbanistischen Planungsperspektive setzt sich das Projekt theoretisch und konkret mit der dem Entwurf, eines derart resilienten (Wohn-)Quartieres, essenziellen Thematik der Wohnraumallokation auseinander. Betrachtet wurden unterschiedliche Vehikel und Organisationsformen sowie ihre Förderfähigkeiten und Finanzierbarkeit auf institutioneller und gesellschaftlicher Ebene. 

Text von Paul Mielke.