November / Dezember 2024
Technische Universität Dresden
Des Pudels Kern
Ein kleines Theater
Technische Universität Dresden
Diplom
25.09.2024
Gastprofessur Entwerfen - Studio Max Wasserkampf
Kulturbauten
Archicad, Blender, Photoshop
Der Typus beschreibt eine Gruppe von Objekten, die durch die gleichen formalen Strukturprinzipien charakterisiert sind. Der Typus existiert jedoch nicht nur als abstrakte Geometrie, sondern wird erst durch seine Positionierung innerhalb einer Zeit, eines Ortes und eines soziokulturellen Kontextes verstanden (nach Moneo, Rafael: On Typology. Aus: Oppositions. 13, 1978). Der Entwurf untersucht diese Prinzipien für die Typologie der Schaukastenbühne und nimmt diese als Grundlage für eine Gebäudekonzeption. Bedingt durch externe Zwänge wird ein Prozess eingeleitet, der den idealen Typus in eine spezifische Arbeit transformiert.
Die Schaukastenbühne verbreitet sich Ende des 19. Jh. und steht bezeichnend für den gesamtgesellschaftlichen Paradigmenwechsel, der sich ein Europa vollzieht. Die Typologie verkörpert gleichsam den Übergang zu einer bürgerlichen Gesellschaft, den Einsatz neuer technologischer Möglichkeiten und die literarische Strömung des Realismus.
Das auffälligste Kompositionsprinzip ist die Symmetrieachse, auf der die Haupträume des Komplexes aufgereiht sind. Das Bühnenportal markiert die Trennung zwischen öffentlichem Ort und Theaterbetrieb. Die in Höhe anwachsenden Haupträume bestimmen die typische Form des gestaffelten Volumens aus. Eine repräsentative Hauptfassade, meist mit einem Mittelrisalit als Eingangsgeste, bildet schließlich das Gesicht zur Stadt aus. Anhand der formalen Strukturprinzipien war die Bildung eines Idealtyps der erste entwurfliche Schritt.
Das Grundstück erweist sich durch die geringe Größe, die Allansichtigkeit und der Lage innerhalb zweier verschiedener städtebaulicher Prinzipien als schwierig. Der Idealtyp wird transformiert, um den lokalen Gegebenheiten gerecht zu werden, ohne jedoch die formalen Strukturprinzipien zu verletzen. Der Körper wird so ausgerichtet, dass der Haupteingang zum Boulevard und die Anlieferung zur Gasse zeigt.
Die entstandene Struktur begrenzt ganz unterschiedliche Stadt- und Innenräume, die auch unabhängig voneinander bekleidet und jeweils mit einem eigenen formalen Ausdruck versehen werden. Die Fassade zum Boulevard zeigt sich durch den Natursteinsockel und den gestreiften Erker als Hauptfassade, während die Rückseite zur Gasse den betrieblichen Charakter des Theaters unterstreicht. Der zelthafte Theatersaal schürt die Erwartung auf das bevorstehende Spektakel, während im hellen Vestibül das gesellschaftliche Theater betrachtet werden kann. Wiederkehrende Themen, Formen oder Materialen erzeugen Kohärenz und machen das Gebäude als etwas Einheitliches lesbar.
Text von Fidel Arzberger.