Jurypreis
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November / Dezember 2024

RWTH Aachen University

City Center Aachen

Reconstructed Realities - Demolished Dreams

von Cyril Queyrau

Hochschule:

RWTH Aachen University

Abschluss:

Master

Präsentation:

42024-08-16

Lehrstuhl:

Lehrstuhl für Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens, Prof. Dipl.-Ing. Anne-Julchen Bernhardt und Lehrstuhl für Kunstgeschichte, Univ.-Prof. Dr. Alexander Markschies

Rubrik:

Gewerbebauten

Software:

Adobe Indesign, Adobe Illustrator, Adobe Photoshop

Die Arbeit widmet sich investigativ dem Ort, an dem ich meine Einkäufe tätige: dem ‘City-Center Aachen’ (CCA), ein wenig geliebter Betonklotz der Siebziger. Dazu gesellen sich seine Verwandten: die City-Center. Sie vereinten bereits vor fünfzig Jahren innerstädtisch Konsum-, Büro- und Wohnflächen unter einem Dach, wie man es aktuell erneut versucht.

Was brachte die City-Center hervor? Warum scheiterten viele? Wie können wir ihnen helfen? Die Arbeit nähert sich diesen Fragen mit einer Haltung der Neugier und Empathie: ‘Learning from City-Center.’ Es geht nicht darum, Probleme des Marktes zu lösen oder konkrete Abrissabsichten zu kontern, sondern Initiative zu ergreifen und eigene Fragen zu stellen.

Am Beispiel des CCA beleuchtet die Arbeit städtebauliche Ideen der Nachkriegszeit, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen sowie gesellschaftliche Wandlungen, um eine bislang fehlende Geschichte der City-Center zu konstruieren.

Drei Begleithefte vertiefen die Analyse. Die Centerkartei dokumentiert 48 weitere City-Center und ordnet das CCA typologisch ein; die Interviews mit Bewohner:innen, Nutzer:innen und weiteren Akteur:innen vermitteln die gelebte Realität vor Ort; die Zeitgenossen erschließen die Stilgattung der ‘Aachener Spätmoderne’ über eine analoge Fotoserie. Diese Hefte sensibilisieren für die architektonischen, sozialen und kulturellen Dimensionen des Gebäudes und legitimieren es als wertvolles Betrachtungsobjekt.

Die Arbeit schlägt eine neue Perspektive auf Architektur vor – weg von der Rolle des planenden Problemlösers hin zu einer dynamischen Beziehung mit den Gebäuden als Akteure. Architektur lebt und verändert sich in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung, ihren Nutzer:innen und der Zeit selbst. Realität wird nicht nur aus Fachliteratur und Gebäudesubstanz geschöpft, sondern mitsamt Stimmen der Menschen und Dinge komponiert, die sonst in der Planung vernachlässigt werden – nicht zuletzt, weil sie ihre Rolle erst nach Fertigstellung der Gebäude spielen.

Aus den Beobachtungen heraus werden neun Thesen zum Konzept der ‘Stadt im Haus’ formuliert. Sie werfen zentrale Fragen der Stadtentwicklung auf: Wie planen wir? Wie organisieren wir Eigentum? Wie gehen wir mit der Privatisierung städtischer Räume um? Das CCA dient als Mikro-Ebene, um die Funktionsweise der Stadt als Makro-Ebene zu reflektieren. Diese Thesen verknüpfen sich zu einem Betrachtungsmodell, das parallel zu anderen City-Centern gelesen werden kann.

Abschließend skizziert die Arbeit drei Aussichten für die Zukunft des CCA. Diese liefern keine endgültigen Lösungen, sondern eröffnen Handlungsräume, in denen Interessen miteinander ausgehandelt und Perspektiven für eine nachhaltige Weiterentwicklung geschaffen werden.

Die Arbeit plädiert nicht für die Ohnmacht der Planung angesichts von Komplexität. Stattdessen erkennt sie Komplexität als Voraussetzung für nachhaltige Lösungen. Das Vorausschauende, teils Utopische, wird als Werkzeug begriffen, um neue Wege zu eröffnen.

Text von Cyril Queyrau.