Nächstes Projekt 06/20  

September / Oktober 2022

Karlsruhe Institut für Technologie

Klimasiedlung Kohleschleuder

Über die Umnutzung stillgelegter Kohlekraftwerke zum Ende des fossilen Zeitalters

von Alisa Marielle Schneider

Hochschule:

Karlsruhe Institut für Technologie

Abschluss:

Master

Präsentation:

18.10.2021

Lehrstuhl:

Nachhaltiges Bauen, Dirk Hebel

Rubrik:

Bauen im Bestand

Software:

Vectorworks

Mit dem Kohleausstieg werden weltweit über 13.000 Kraftwerksblöcke obsolet. Die Endlichkeit der Ressourcen bringt uns dazu, die Welt im Kreislauf zu denken. Architekturen sind riesige Rohstoffminen, Kraftwerke von hohem baukulturellen Wert. Um verbleibende Naturbestände zu sichern, ist die Weiterverwendung vorhandener Infrastrukturen zur Freiflächenschonung unumgänglich. Die Industrie der Zukunft ist nicht länger klimaschädlich, sondern resilient und nachhaltig. Angestrebt wird die ganzheitliche Vernetzung von Elektrizität, Wärme, Produktion, Nahrung und Wohnen inform einer klimapositiven Kraftwerkssiedlung.

Der Bausektor ist Verursacher von 40% der globalen Treibhausgasemissionen, und für fast 90% des Müllaufkommens verantwortlich. Zudem ist er riesiger Verbraucher mineralischer Ressourcen. Bei gleichbleibendem Verhalten sind die Grenzen bald erreicht und rechnet man die bereits verbaute graue Energie in die Gesamtbilanz des Bausektors mit ein ist es dringend notwendig primär im Bestand zu denken und diesen wenn möglich umzunutzen. Zudem müssen Lebensräume - auch durch die Klimakrise und geopolitische Konflikte - zwangsläufig neu gedacht werden.

Klimasiedlung Kohleschleuder wird zu einem neuen Lebensraum, kombiniert mit der Funktion eines Kraftwerks, industrieller Produktion und resilienter Landwirtschaft. Durch die Vernetzung ergänzen sich die verschiedenen Bereiche optimal und profitieren voneinander, ganz im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Zudem ist die Renaturierung riesiger Naturflächen zentraler Aspekt, die zerstörten Räume sollen vorsichtig an die Natur zurückgegeben, und aktiv bei ihrer Heilung unterstützt werden. Es entsteht ein Ort für Mensch und Natur, für Industrie und Landwirtschaft, ein überregionaler Treffpunkt, eine Siedlung, in der Themen wie die Klimakrise und deren verschiedenste Akteur:innen sich austauschen und weiterbilden können. Sämtliche Versorgungsinfrastruktur - darunter Energiegewinnung, Nahrungsmittelanbau, Wohnraum, Gemeinschaftsbereiche und die Natur - befindet sich vor Ort in der Siedlung.

Das Wohnen findet im ehemaligen Kesselhaus statt, die alten Stahlgerüste dienen als Rahmen für einen neuen Holzbau im Inneren mit einer Höhe von etwa 45 Metern. Treppenhäuser sind zur Kesselwartung bereits vorhanden, so wie umlaufende Ebenen zur Erschließung. Das Aufeinandertreffen von alter Industriekultur und neuem Lebensraum wird über Materialien zu einem spannenden Spiel. Alte schwere mineralische Bauteile wie Stahlträger, Metalltreppen und Betondecken treffen auf warmes organisches Holz und weiche Textilien und verschmilzen so zu einer modernen und doch traditionellen Architektur. Generell ist vor allem das Wohnen sehr integrativ gedacht, es gibt Einheiten verschiedener Größen, die Möglichkeit der Barrierefreiheit und damit auch eine Nutzungsflexibilität für verschiedene Altersklassen. Das Ziel ist, Räume zu schaffen, die durch Anpassbarkeit das Miteinander der Bewohnenden fördern.
Text von Alisa Marielle Schneider.