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März / April 2024

MSA Münster School of Architecture

Peripherie als Zentrum

Die Grenze als bewohntes Territorium

von Annika Hopster

Hochschule:

MSA Münster School of Architecture

Abschluss:

Bachelor

Präsentation:

29.09.2022

Lehrstuhl:

Prof. i. V. Wolfgang Zeh

Rubrik:

Städtebau

Software:

Rhino, Archicad, Illustrator, Photoshop, Indesign

Nicht erst seit der „Flüchtlingskrise“ oder dem Ukraine Krieg spielen Grenzen wieder eine wichtigere Rolle in Europa. Sie stehen für Kontrolle und Selektion. Dabei sind es meist räumlich breitere Zonen und Lebensraum vieler Menschen. Ca. 1/3 aller Europäer:innen lebt in Grenzregionen. Damit sind sie viel präsenter als man aus der Mitte des Nationalstaats annimmt. Sie bieten großes Potential für beide Seiten und verdienen einen Gestaltungsansatz. Doch erlebt jeder diese Grenzbedingungen anders. Deshalb ist der Blick des Individuums ausschlaggebend. Die Arbeit beschäftigt sich mit 3 Grenzregionen zwischen Deutschland und seinen europäischen Nachbarn – der Schweiz, den Niederlanden und Polen. Innerhalb der Feldforschung wurden Doppelstädte untersucht – urbane Räume beidseitig der Grenze. Dabei lag der Fokus nicht nur auf den räumlichen, sondern auf gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und historischen Aspekten. Als Technik wurde die Stadtforschungsmethode Dérive gewählt, bei der das traumartige Driften durch unterschiedliche Atmosphären der Stadt als Grundlage für die Kartierung räumlicher Phänomene dient. Die Route der jeweils 3-tägigen Untersuchung wurde mithilfe einer App getrackt. Die erlebten Atmosphären bilden die Grundlage. Das Mapping beschreibt die Beziehung zwischen den vorgefundenen Elementen und wertet diese. Es bildet die Grundlage des Entwurfs und deckt die vorgefundene Situation auf. Dabei stand im Fokus, dass Räume der Gemeinschaft und des Austausches für beide Nationen entstehen. Zwischen DE und CH lässt sich die Grenze wie ein Filter verstehen. Es steht zu großen Teilen noch der Grenzzaun von 1939, der von Zollübergängen getrennt wird. Diese lassen sich als Schlupflöcher zwischen den Staaten verstehen. Es gibt keinen Ort für Austausch, sondern lediglich Kontrolle. Im Entwurf wurde mithilfe der Aufstockung der Zollhäuser auf die Absurdität der jetzigen Situation hingewiesen. Aus der Ferne wirken die Türme fast wie ein Wachtürme aus fernen Zeiten und unterstreichen die Grenze als Linie. Im Inneren befinden sich jedoch diverse Gemeinschaftsräume.

Zwischen DE und NL ist die Grenze kaum zu finden, auch nicht in den Köpfen. Sie verläuft mittig durch eine gemeinsame Straße, die zum Symbol der Verbundenheit wird. Verstärkt wird das noch von einem Bürogebäude, welches zentral auf der Grenze steht. Als Entwurfsidee wurde die Naht gewählt, welche beide Orte noch stärker miteinander verbinden soll. Flache Typologien mit identitätsstiftenden Charakter ergänzen das Stadtbild beidseitig. An der deutsch-polnischen Grenze verläuft die Grenze durch die Oder. Der einzige Grenzübergang ist die Brücke. Der Fluss wird zum Schwellenraum, da er keinem Land zugeordnet werden kann. Die offizielle Beschilderung steht erst auf dem Festland. Dieses Dazwischen wird zum Potentialraum für die bereits bestehende Stadtutopie Slubfurt, übersetzt als vertikale Stadt. Sie soll der Grenzregion eine neue Identität schenken und der Aufarbeitung dienen.

Text von Annika Hopster.