September / Oktober 2024
Technische Universität München
Stadt - Raum - Hybrid
Topologie des Alltäglichen
Technische Universität München
Bachelor
19.07.2023
Lehrstuhl für Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land - Prof. Mark Michaeli
Kulturbauten
ArchiCAD, Vectorworks, Rhino, Blender, Photoshop, Indesign
Tiefgreifende Veränderungen in Handel, Arbeitswelt und Mobilität beschleunigen den Funktionsverlust und die strukturelle Obsoleszenz innerstädtischer Immobilien und stellen das bestehende Dispositiv der Innenstadt infrage. Auch in Bremen manifestieren sich diese Prozesse in leerstehenden Handelsgebäuden und einem daraus resultierenden Handlungsbedarf. Besonders prägnant ist der Umgang mit stadtprägenden Gebäuden wie dem ehemaligen Galeria Kaufhof, dem größten Einzelhandelsobjekt der Hansestadt mit rund 60.000 m² Bruttogesamtfläche.
Angesichts dieser Entwicklungen setzt die Stadtentwicklungsstrategie Bremens auf Diversifizierung: Neben Handel sollen verstärkt Wohnraum, Bildung und kreative Nutzungen entstehen. Die Stadt hat bereits Initiativen zur Wohnraumentwicklung angestoßen. Doch der urbane Wandel eröffnet auch das Potenzial, Orte zu schaffen, die nicht allein durch Konsum, sondern durch Aktivität, Bildung und Gemeinschaft geprägt sind. Eine wesentliche Grundlage für das städtische Zusammenleben ist die Möglichkeit der Begegnung. Hierfür braucht es Orte des Austauschs und der Gemeinschaft, an denen gesellschaftlicher Zusammenhalt aktiv gelebt wird. Der alte Kaufhof spielt dabei eine zentrale Rolle: Als Ankerpunkt wird das Gebäude zu einer multifunktionalen sozialen Infrastruktur transformiert und fungiert als Kristallisationspunkt der entstehenden Stadtgesellschaft im Quartier.
Wie auch historisch das Kaufhaus vereint der Stadt - Raum - Hybrid verschiedene Funktionen unter einem Dach. Es ist ein Modell sozialer Infrastruktur für ein urbanes Zusammenleben, geprägt von Aktivität und Bildung. Der Konsument wird zum Prosumenten ? aktiv gestaltend statt passiv konsumierend. Dieser neu gedachte Raum ist konsequent multifunktional konzipiert. Die daraus resultierende dynamisch-stabile Struktur zeichnet sich durch eine Großzügigkeit aus, die flexible Anpassungen und individuelle Aneignung ermöglicht.
Die Überlagerung von Nutzungen und Infrastrukturen innerhalb des Gebäudes fördert den demokratischen Austausch zwischen verschiedenen Nutzergruppen und regt zur aktiven Mitgestaltung des gemeinsamen Raums an. Die Räume sind gezielt disponiert und in ihrer Materialität entworfen, so dass Raumfolgen, Nischen und Schwellenräume entstehen, die eine innere urbane Landschaft im Gebäude erzeugen. Die programmatische Ausrichtung offener Bereiche soll von Nutzern gemeinsam ausgehandelt und gestaltet werden. Alle Bereiche und Nutzergruppen greifen auf eine geteilte Infrastruktur und Räume im zentralen Teil des Gebäudes, im Knotenpunkt am symbolischen Treffpunkt an der Lichtskulptur, zu. Hier ist der Ort, an dem Studierende, Mitarbeitende der Stadtentwicklung, Kunstschaffende und junge Gründer*innen aufeinander treffen. Hier entstehen Reibung und Austausch, Gemeinsamkeit und Gemeinschaft, Demokratie und Teilhabe. Hier wird gemeinsam Stadt gestaltet, im Stadt-Raum-Hybrid wird der Konsument zum Prosument.
Text von Stefan Gross und Florian Meissner.