Januar / Februar 2025
Bauhaus-Universität Weimar
Zwischen Ewiger Ruhe und Erholung: Der Friedhof Sihlfeld als multicodierter Freiraum
Eine Analyse der sozialen, kulturellen und ökologischen Funktionen von Friedhöfen mit Überhangflächen in stark verdichteten Städten

Bauhaus-Universität Weimar
Bachelor
26.09.2024
Professur Landschaftsarchitektur und -planung, Prof. Dr.-Ing. Sigrun Langner
Sakralbauten
Adobe Illustrator und InDesign, QGis, Airtable
»Zwischen Ewiger Ruhe und Erholung« untersucht das Fallbeispiel in Zürich mit räumlich-visuellen ebenso wie sozialwissenschaftlich-analytischen Forschungsmethoden, darunter Kartierungen, Expert*inneninterviews mit städtischen Akteur*innen sowie Gespräche mit über hundert Friedhofsbesucher*innen. Nutzer*innenprofile illustrieren die verschiedenen Bedeutungszuweisungen des Friedhofs, prägnante Thesen und differenzierte Handlungsempfehlungen ermöglichen die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf deutsche Städte. Damit bezieht das Projekt in der kontroversen Debatte um die Zukunft des Friedhofs Position für die Sicherung dieser einzigartigen Grünräume.
Der Friedhof ist kein toter Ort ? das beweist die Urbanistikstudentin Anna Paulina Graf mit ihrer Bachelorthesis »Zwischen Ewiger Ruhe und Erholung«. Das Projekt nimmt den Wandel der Bestattungs- und Trauerkultur, weg vom klassischen Sarggrab und hin zur kostengünstigen, pflegeleichten Urne, zum Anlass, um Friedhöfe mit Überhangflächen aus der Perspektive multicodierter Freiräume zu betrachten. Der Platzbedarf für Beisetzungen geht zurück und mit ihm das einst vorherrschende Verständnis vom Friedhof als Raum für die Toten. Am Beispiel des Friedhof Sihlfeld in Zürich, der nur noch zu rund 30 Prozent mit Gräbern belegt ist, zeigt die Arbeit eine Vielzahl vom sozialen, kulturellen und ökologischen Funktionen von Friedhöfen auf.
Das Projekt verfolgt einen multimethodischen Forschungsansatz mit verschiedenen räumlich-visuellen und sozialwissenschaftlich-analytischen Herangehensweisen: Mit Kartierungen von statistischen sowie geografischen Daten konnte aus der Ferne ein Verständnis für den Raum entwickelt werden. Interviews mit verschiedenen Expert*innen lieferten Erkenntnisse über den Betrieb des Friedhof Sihlfeld, seine Bedeutung für die Stadt Zürich sowie die lokale Planungskultur. Gespräche mit über hundert Friedhofsbesucher*innen ermöglichten schließlich Einblicke in die Perspektive der Nutzenden und generierten wertvolle qualitative Daten über individuelle Raumwahrnehmungen.
Ziel der Arbeit war es, die Multicodierung von Friedhöfen mit Überhangflächen aufzuzeigen sowie damit einhergehende Nutzungskonflikte herauszuarbeiten und entsprechende Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Hierfür ergründet Anna Paulina Graf verschiedene Strategien und Ansätze zum Konfliktmanagement der Stadt Zürich und leitet Handlungsempfehlungen für Planung und Politik in Deutschland ab.
In der Debatte um die Nach- und Umnutzung oder gar Bebauung von nicht mehr benötigten Friedhofsflächen konfrontiert die Arbeit Entscheidungsträger*innen mit einer Glaubensfrage: Werden Friedhöfe und ihre Überhangflächen nur als immer weniger nachgefragte Stätten der »letzten Ruhe« abgetan oder als wertvolle Erholungsgebiete, kulturgeschichtliche Zeugnisse und unverzichtbare Klimaoasen erkannt?
Text von Anna Paulina Graf.