Januar / Februar 2025
Münster School of Architecture
Material Regionalismus
Ausgehen von dem was über ist

Münster School of Architecture
Master
25.09.2024
Lehrstuhl für Baukonstruktion, Prof. Dipl.-Arch. Daniel Blum
Bauen im Bestand
ArchiCAD, Adobe InDesign, Adobe Photoshop, Adobe Illustrator
„Der Bestand ist die regionalste Ressource“ - Die Auseinandersetzung mit dem, was über ist – ganz gleich, ob Ressource, Bauteil oder Gebäude – ist eine der wichtigsten Aufgaben des 21.Jahrhundert. Der Raum, den unsere Spezies für sich beansprucht, ist nicht länger an unsere natürlichen Grenzen und den uns umgebenen Ressourcen gebunden. Die Romantik der unendlichen Warenfülle der Supermarkttheken ist spätestens seit der Pandemie erloschen. Die Euphorie des letzten Jahrhunderts, jede Innovation als Fortschritt zu feiern, hat uns unsere Fähigkeit beraubt, die Angemessenheit der technischen Mittel und der Materialwahl zu berücksichtigen. Das Wissen über regional verfügbares Material und das lokale Klima ist dabei weitestgehend verloren gegangen.
Mit Blick auf das aufkommende Klimachaos und die Ressourcenknappheit scheint die Strategie von lokal verfügbaren Ressourcen naheliegend. Das Image des Regionalen hat sich zum Trend entwickelt, ohne ihn tiefgreifend auf die Zukunftsfähigkeit zu Hinterfragen. Beschäftigt man sich mit dem populären Thema der Regionalität, stellt man fest, dass dies nicht im luftleeren Raum stattfindet. Den Drang der Menschheit nach Authentizität und regionaler Identität wissen auch die Unternehmen gewinnbringend einzusetzen.
Der Material Regionalismus greift die Frage auf, inwieweit ein ernsthafter und angemessener Ansatz eines neuen Regionalismus am Beispiel der Balearischen Mittelmeerinsel Mallorca entwickelt werden kann, welcher den Bedürfnissen der heutigen und zukünftigen Bevölkerung gerecht werden kann.
Im Zentrum der Balearischen Hauptstadt Palma de Mallorca steht seit 1975 die ehemalige Zentrale des Stromversorgers ENDESA. Das von Abrissplänen bedrohte Gebäude des spanischen Architekten José Ferragut Pou wurde 2003 unter Denkmalschutz gestellt. Somit ist der Bau zwar zunächst gerettet, allerdings bestehen aktuell noch keine konkreten Pläne für eine adäquate Nutzung. Die aktuelle politische und soziale Unsicherheit der Mittelmeerinsel fordert ein Umdenken in Bezug auf den Umgang mit den zu Verfügung stehenden Ressourcen
Über Jahre hinweg ist das Hochhaus zum Machtinstrument politischer Interessen avanciert, die in dem prominenten Gebäude am Zufahrtstor der Inselhauptstadt ihre Haltung manifestieren wollen. Das Erscheinungsbild ist seit mehreren Jahren von fehlender Pflege und Verwahrlosung geprägt. Zerbrochene Fensterscheiben, ausgebrannte Innenräume und zahllose Graffitis führen in der Bevölkerung zu einem großen Unverständnis über den Umgang mit der Gebäudesubstanz.
Der Entwurf legt den Fokus nicht auf ein definiertes Produkt, sondern auf einen Bottom-Up Prozess, der ein Gefäß schafft, indem die räumlichen Bedürfnisse der Menschen erfüllt werden können. Der Ausdruck entsteht nicht durch die Annahmen einer subjektiven AutorInnenschaft, sondern aus dem prozesshaften Zusammenspiel zwischen der Bestandstruktur, der Verwendung regional gesammelter Materialien, dem lokalen Klima sowie der Teilhabe der NutzerInnen.
Text von Bjarne Gießler.