Januar / Februar 2025
Technische Universität Berlin
Reaktivierung des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) Berlin
Architektur als Ausdruck gesellschaftlicher Transformationsprozesse

Technische Universität Berlin
Master
06.12.2024
Fachgebiet DE/CO - Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Jan Kampshoff (1.Prüfer), Fachgebiet Architektur der Transformation, Prof. Nanni Grau (2. Prüferin)
Kulturbauten
ArchiCAD, Adobe Illustrator, Adobe Photoshop, Adobe Indesign
Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) Berlin wurde 1981 als symbolisches Pilotprojekt für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Werktätigen in der DDR eröffnet. 2003 wurde es für 1 Euro verkauft und nur teilweise genutzt. Heute ist es –nach einem langjährigen Rechtsstreit zwischen dem Land Berlin und dem ehemaligen Eigentümer– vom Abriss bedroht.
Durch unsere Recherche haben wir festgestellt, dass der Umgang mit DDR Bauten widerspiegeln könnte, wie gesellschaftliche Transformationsprozesse nach der Wende abgelaufen sind. Das SEZ ist mit Mehrdeutigkeit und Ambivalenz verknüpft: Einerseits war es Teil der politischen Strategie eines repressiven Regimes, das eine einheitliche Leistungsgesellschaft anstrebte; andererseits fand es als ein Ort der Freizeitgestaltung und der Erholung großen Anklang unter der Bevölkerung. Zum historischen Wert kommt der emotionale Erinnerungswert dazu. Diese Ambivalenz muss in der geplanten Transformation angemessen berücksichtigt werden.
Wie gehen wir mit so einem spezifischen Großbauprojekt um? Eine neue Lesart, wie ein neuer Layer, wird auf das gesamte Gelände gelegt. Freifläche und Gebäude werden als eins gedacht. Der Rundgang funktioniert wie ein Rückgrat für das Ganze: daran schließen die Hallen, die Außenraumelemente sowie Teile der bestehenden Funktionskerne an. Der architektonische Fokus liegt auf die Hallen: sie sind die repräsentativsten Bereiche, sind niedrigschwellig und können auch autark funktionieren. Da haben wir für unsere Eingriffe Hauptthemen des SEZ in die heutige Zeit übertragen und Leitmotive für den Umgang mit dem Bestand festgelegt.
Wir nehmen den Bestand so an wie er ist, mit allen seinen Farben. Das Gebäude bleibt ein Gemeingut und bietet Raum für die Nachbarschaft. Gleichzeitig sollen neue Räume entstehen, die Platz für politischen Diskurs, Ausstellungen und die Aufarbeitung der Nachwendegeschichte bieten. Die Nutzungsmischung schafft Resilienz. Die Architektur selbst wird als aktives Werkzeug in der Reflexion genutzt.
Die Transformation wird schrittweise erfolgen; ohne Druck, das gesamte Gebäude sofort zu nutzen. Statt eines radikalen Neuanfangs wird behutsam auf bestehende Bedürfnisse eingegangen, während Teile des Gebäudes unberührt bleiben. Mit einer subtilen Entwurfshaltung zeigen wir wie mit wenigen Eingriffen das Gebäude wieder in den Stadtraum integriert werden kann. Eine Herangehensweise, die das Gebäude mit all seinen Bedeutungsebenen sieht und sich auch gegenüber den wirtschaftlichen Faktoren nicht verschließt. Unsere Eingriffe zielen darauf ab, sich langfristig zu verstetigen, während gleichzeitig Raum für zukünftige Umnutzungen und Ergänzungen erhalten bleibt.
Text von Mailies Stichling und Mairi Zountsa.