Juli / August 2024
Technische Hochschule Köln
Die emanzipierte Stadt - (k)eine Utopie?!
Untersuchung eines intersektional feministischen Ansatzes am City C in Leverkusen

Technische Hochschule Köln
Master
21.03.2024
Städtebau, Professorin Yasemin Utku, Karin Hartmann
Städtebau
Die Utopie bietet die Möglichkeit, Dinge auf den Kopf zu stellen und neue Perspektiven zu schaffen. Dabei kommt dem gebauten Raum als Mittel der Veränderung eine erhebliche Verantwortung zu. Nach Bourdieus Konzept von Raum wird (Stadt)Raum als weit mehr als durch seine Dichte und Größe definierte physische Struktur betrachtet. (Stadt)Raum ist auch eine spezifische Form gesellschaftlicher Strukturen.1 Es stellt sich die Frage, wie sich unsere patriarchal kapitalistisch geprägte Gesellschaft in unserer gebauten Umwelt zeigt. Ziel der Utopie ist es, „positiven Wandel [zu] imaginieren, und zwar mit der klaren Vision, dass es Alternativen geben kann zur Ausbeutung durch Gender, Race und Klasse!“2
Für die theoretische Grundlage wurde ein intersektional feministischer Ansatz gewählt. Dabei wurde unter Betrachtung von Gender und Raum die öffentliche und private Sphäre in der Vergangenheit und aktuell bearbeitet. Als Erkenntnis daraus wurden sechs Thesen für den emanzipierten (Stadt)Raum formuliert. Zudem wurde die Ebene des gemeinsamen Raums eingezogen, um vergeschlechtlichte Strukturen in der öffentlichen und privaten Sphäre aufzubrechen. Diese soll als Verhandlungsebene dienen, um die Grenzen zu verweichlichen. Aushandeln und -leben sozialer Interaktion ist Grundlage für einen Raum, der sich irgendwo zwischen einem Raum der Vielen und einem Raum des Einzelnen verortet. Dieser Raum ist ein Begegnungsort von öffentlichen und privaten Eigenheiten.3
Als Experimentierfeld für die reale Utopie wurde das City C, eine leerstehende Einkaufspassage in der Leverkusener Innenstadt, gewählt. Geplant in den 70ern und geprägt durch die autogerechte Stadt bietet der Betrachtungsraum des City C’s die Möglichkeit, Planungsmissstände einer sexistischen Stadtstruktur aufzuzeigen. Dafür wurde die Analyse um das „critical mapping“ erweitert. Analysepunkte waren dabei Sicherheit, Care, Repräsentation + Anerkennung, Teilhabe + Aneignung und Selbstbestimmung. Diese neuen Betrachtungsebenen haben dazu beigetragen, neue Perspektiven mit „Genderbrille" auf unseren (Stadt)Raum sichtbar zu machen.
Die Erkenntnisse aus Theorie und Analyse wurden im nächsten Schritt in einem konzeptionellen Entwurf angewandt, indem die Thesen in verschiedene Funktionen übersetzt wurden. Der gemeinsame Raum manifestiert sich in unterschiedlichen Größenordnungen selbstverständlich zwischen den Nutzungen, wie z.B. dem Wohnen zugeordnet zur Kollektivierung von Care-Arbeit.
Die bis dato gesetzten Strukturen müssen nicht in Stein gemeißelt bleiben. Das in Frage stellen des Ist-Zustands und das Sichtbarmachen von Alternativen zeigt, dass wir mit einer klaren Vision positiven Wandel imaginieren können – für einen emanzipierten, bunten (Stadt)Raum!
1 Raumsoziologie, 10. Aufl. (Frankfurt am Main: Suhrkamp, o. J.), 181. 1 Dolores Hayden, „Wie könnte eine nicht-sexistische Stadt aussehen? (1981) Überlegungen zum
2 Wohnen, zur städtischen Umwelt und zur menschlichen Arbeit“, themenschwerpunkt: Stadt der Reproduktion, sub \urban. zeitschrift für stadtforschung, 5 (2017): 127.
3 Vgl. Stavros Stavrides, „Common Space: Die Stadt als Gemeingut“, ARCH + Zeitschrift für Architektur und Urbanismus, An Atlas of Commoning. Orte des Gemeinschaffens (2018): 17
Text von Sarah Bauer und Anne Magarete Keiffenheim.