#BookChat: Grün in der Stadt

Wie können aus lebendigen, wachsenden Pflanzen Bauwerke entstehen? Was zunächst wie ein Widerspruch erscheint, kann angesichts des Klimawandels eine mögliche Antwort auf die brennenden ökologischen Fragen unserer Zeit sein. Einen Einstieg in die Thematik bieten diese drei Bücher.

Lebende Pflanzen in Architektur zu integrieren, ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Beispielsweise machen sich die Angehörigen der indigenen Volksgruppe der Khasi in der ostindischen Provinz Meghalaya seit Jahrhunderten die Luftwurzeln von Gummibäumen zunutze, um daraus Brücken zu bauen. In dieser Ausgabe des #BookChats stellen wir euch drei Bücher zum Thema Entwerfen und Bauen mit Pflanzen vor.

Wachsende Architektur

Prof. Ferdinand Ludwig forscht an der Technischen Universität München unter anderem an architektonischen Konzepten, bei den Pflanzen eine zentrale Rolle spielen. Gemeinsam mit dem Architekten und Stadtplaner Daniel Schönle, mit dem er das Office for Living Architecture betreibt, hat er diese kompakte Einführung in die Baubotanik geschrieben. Letztere beschreibt eine Bauweise, bei der Architektur durch das Zusammenwirken technischen Fügens und pflanzlichen Wachsens entstehen. Erklärtes Ziel dieses Buches ist die umfassende Beschreibung der Chancen und Herausforderungen des Bauens und Entwerfens mit lebenden Bäumen.

Auf ein einführendes Kapitel folgt ein Kapitel über botanische Grundlagen, die es beim Bauen mit Pflanzen zu beachten gilt – etwa wie Triebe anzuordnen sind oder wie der Wassertransport in gewachsener Architektur funktioniert. Darüber hinaus werden geeignete Baumarten, mögliche Entwurfsstrategien und Wechselwirkungen zwischen lebenden Bauwerken und ihrer Umwelt thematisiert. Die reich bebilderte Publikation versammelt zudem zahlreiche teils historische und teils zeitgenössische Beispiele der Baubotanik – darunter die eindrucksvolle Wurzelbrücke in Wah Thyllong oder die charmante Tanzlinde in Peesten. Für diese gebauten Beispiele allein lohnt bereits ein Blick in dieses Buch. Abschließend geben die Autoren einen Ausblick auf eine zukünftige Baum-Architektur. 

Hortitecture

Den Begriff Hortitecture hat Prof. Almut Grüntuch-Ernst geprägt. Er setzt sich aus den Worten „Hortus“ (lat. für Garten) und dem englischen „architecture“ zusammen. Das Institute for Design and Architectural Strategies der TU Braunschweig hat unter diesem Titel seit 2014 drei Symposien veranstaltet, deren Vorträge in dem gleichnamigen Band publiziert worden sind. Das Buch versammelt die Positionen und Projekte von insgesamt 32 internationalen Expert*innen – darunter unter anderem Personen aus der Architektur, der Stadtplanung, der Biologie, der Philosophie und der Psychologie. Welches gestalterische und konstruktive Potenzial birgt die Verknüpfung von Bauwerken und Pflanzen? Welche Synergien gibt es? Diesen und anderen Fragen gehen die Autor*innen in dieser Publikation. Zwar gehen die einzelnen Beiträge nicht allzu sehr in die Tiefe, allerdings bilden sie eine gute erste Übersicht über die Möglichkeiten der gewachsenen Architektur.

Grüne Fassaden

Während die beiden vorangegangenen Titel sich mit der Integration von Pflanzen in Architektur im Allgemeinen beschäftigen, liegt der Fokus dieses Buches von Nicole Pfaser auf einem bestimmten Gebäudeteil: der Fassade. Die schlanke Publikation ist in vier Teile gegliedert. Auf ein einleitendes Kapitel folgt ein weiteres, das mit dem Stichwort „Wissen“ übertitelt ist. Hier werden theoretische Grundlagen der Baubotanik erläutert. Der dritte Teil trägt den Titel „Planen“ und beinhaltet konkrete Tipps und Kriterien für die Planung von begrünten Fassaden. Im vierten und letzten Kapitel werden sieben realisierte Beispiele aus der Praxis vorgestellt. Zahlreiche Skizzen und Grafiken illustrieren das darin vermittelte Fachwissen auf anschauliche Art und Weise. Ein Glossar und ein Überblick über relevante Normen runden die Publikation ab.