OutoftheNetz: Anthropozän im Rausch, geplatzte Träume und bittersüße Ästhetik
Architektur und Film sind seit jeher eng verbunden. Es gibt unzählige Klassiker, wie etwa Metropolis oder Der Himmel über Berlin, in denen sich die Räume keineswegs mit einer Nebenrolle begnügen müssen. Wir stellen euch dieses Mal drei Filme vor, deren Handlungen nicht primär um Architektur kreien, die aber jeweils Aufschluss geben können über deren Bedeutung in verschiedenen Kontexten.
Mittlerweile gibt es in den Untiefen des Internets kuriose Informationsarchive zu architekturbezogenen Themen. In unserer Reihe „OutoftheNetz“ präsentieren wir Netzfundstücke, die einzigartige Sammlungen zu speziellen Themen bieten. Zum Stöbern, Entdecken und Staunen!
Das Drama von Mensch, Natur und Kultur
„Kooyanisquatsi“ (Life Out of Balance) ist ein Streifen, der gänzlich ohne Worte auskommt und es trotzdem vermag, die Zuschauer*innen ebenso sprachlos zurückzulassen. Der Plot ist so simpel wie elementar: Unberührte Natur so weit das Auge reicht, dann schleicht – oder besser gesagt trampelt – sich langsam der Mensch in das Geschehen ein. Regisseur Godfrey Reggio schaffte es 1982, das Verhältnis unserer Zivilisation zum Planeten in eine 86-minütige, bildgewaltige, hypnotische Reise zu komprimieren. Die immer hastiger werdenden Aufnahmen begleitet ein speziell dafür komponierter Soundtrack des berühmten Komponisten Philip Glass. Ein eindrückliches Kapitel widmet sich unserer gebauten Umwelt und unserem Umgang damit: Ikonisch sind etwa die einstürzenden Neubauten des Pruitt Igoe Housing-Projektes in St. Louis. Über 40 Jahre nach Veröffentlichung hat dieser absolute Klassiker (leider) nichts von seiner Aktualität eingebüßt: Der Film zum Anthropozän.
Von Mauern in Köpfen
Im Film „Die Architekten“ dient Architektur als Abbild und Metapher für den Zustand einer Gesellschaft. In den letzten Monaten der DDR produziert, zeichnet Regisseur Peter Kahane in seinem Werk ein bedrückendes Bild eines völlig festgefahrenen Systems. Die Handlung dreht sich um ein junges Architekt*innenkollektiv, das gerade einen Wettbewerb für eine große Planungsaufgabe gewonnen hat. Was so hoffnungsvoll mit der Aussicht auf die Verwirklichung einer menschenfreundlicheren Architektur im Sozialismus beginnt, scheitert am Beton in den Köpfen der staatlichen Verantwortlichen. Der Film ist nicht nur ein interessantes historisches Dokument aus der Wendezeit, sondern zeigt auch eindrücklich, in welchen Dimensionen sich das Spannungsfeld von Ideen und Realität für Menschen mit planerischen Berufen bewegte.
Schmerz und Schönheit
Modedesigner und Ex-Architekturstudent Tom Ford legte 2009 mit „A Single Man“ sein Regiedebüt hin. Das Drama basiert auf einer Kurzgeschichte des Autors Christopher Isherwood: Ein Literaturprofessor verarbeitet im Los Angeles der frühen 1960er-Jahre den Tod seines langjährigen Partners. Ford inszeniert die Geschichte als ästhetischen Augenschmaus. Die Welt von 1962 entsteht als Hochglanzbild auf der Leinwand und lässt dabei selbst die Abgründe dieser Zeit nicht außen vor. Der Film veranschaulicht, wie eine feine filmische Darstellung von Architektur-, Interieur- und Stadtszenen Atmosphären schaffen kann, die die Zuschauenden noch tiefer in das Werk eindringen lassen und Emotionen begleiten beziehungsweise mittragen können. Der heimliche Shootingstar: Die J.W. Schaffer Residence vom Architekten John Lautner, in der der Protagonist lebt.