Unbequemer Spa-Aufenthalt: Revitalisierung in Bankya

Wie erweckt man ein altes Regierungssanatorium aus einer umstrittenen Vergangenheit wieder zum Leben? Mihail Sugarev beschäftigte sich mit dieser Frage in seiner Abschlussarbeit und darüber hinaus in Bulgarien.

Am Rande der bulgarischen Hauptstadt Sofia liegt Bankya, ein Kurort berühmt für seine Mineralquellen.  In den 1970ern errichtete man dort unter Staatspräsident Todor Zhivkov ein Sanatorium für Angehörige des Staatsapparats. Zhivkov gefiel das luxuriöse Spa im brutalistischen Stil sowjetischer Prägung so gut, dass er es bis zum politischen Umsturz 1989 als Privatresidenz für sich in Beschlag nahm. Nach einem erfolglosen Intermezzo als erstes Golfresort des Landes verfällt das Gelände zusehends – tragfähige Nachnutzungskonzepte fehlen bisher. Der aus Sofia stammende Architekturabsolvent Mihail Sugarev vom Politecnico di Milano widmete sich dem Areal für seine Masterthesis bei Prof. Paolo Scrivano und Prof. Fabrizia Berlinghieri. Nun setzt er sich darüber hinaus für eine künftige Entwicklung des alten Regierungssanatoriums ein.

#ToBeContinued präsentiert Abschlussprojekte, die weiterentwickelt und umgesetzt wurden und den Absolvent*innen einen erfolgreichen Berufseinstieg ermöglicht haben.

Polarisierendes Bad

Das Areal steht im Diskurs um das unbequeme Erbe Bulgariens, da es die Privilegien der damaligen Machthabenden widerspiegelt. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung: Das Gelände liegt wie viele andere Bauten für die Elite untergegangener Regime isoliert, was die Suche nach einer Nachnutzung erschwert. Wie kann man Menschen an diesen Ort bringen, um ihn zu beleben?

Schrittweise Wiederbelebung

Mihail Sugarevs Strategie zur Wiederbelebung des Sanatoriums basiert auf einem zweistufigen Ansatz. Zunächst reaktiviert er das Gebäude durch alternative Zugangswege, sodass Besucher*innen das architektonische Erbe erkunden können. In der zweiten Phase wird das Sanatorium unter Berücksichtigung seiner ursprünglichen Funktion als Erholungsort und seiner Bedeutung für das kollektive Gedächtnis neu genutzt. Die Familie des ursprünglichen Architekten Pavel Nikolov konnte wertvolle Originaldokumente bereitstellen. Zudem entstand die Idee, eine NGO zu gründen, um die Wiederverwendung des Gebäudes weiter zu fördern.

Von der Abschlussarbeit zum Aktivismus vor Ort

Nach der Präsentation seiner Thesis kehrte Mihail Sugarev nach Sofia zurück, wo er gemeinsam mit Architekt Vladimir Raynovski und dem Enkel des Architekten Pavel Nikolov einen Wettbewerb und einen Workshop organisierte, um weitere Strategien zu entwickeln. Spezialist*innen im Bereich Stadtentwicklung und Denkmalschutz wie Landschaftsarchitekt Martin Yankov (veranwortlich für die Collective Foundation) und Architektin Dora Ivanova (verantwortlich für das Buzludzha-Denkmal, das wohl bekannteste Gebäude aus der kommunistischen Periode Bulgariens) wurden eingeladen, um ihre Expertise einzubringen. Bemerkenswert ist, dass vor allem junge Architekt*innen sich für den Workshop interessierten. In zwei Arbeitsgruppen erarbeiteten sie mögliche Kurz- und Langzeitinterventionen, um das verlassene Gelände zu revitalisieren. Die Ergebnisse wurden in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. 

Publicity für Bankya

Die Ausstellung sollte eine öffentliche Diskussion über die Zukunft des Sanatoriums anstoßen. Zwar fehlten offizielle Vertreter wie der Bürgermeister von Bankya und der Regionalgouverneur von Sofia, doch Bewohner*innen des Ortes sprachen über ihre Eigentumsrechte am Gelände. Die künftige Entwicklung hängt von Verhandlungen und rechtlichen Fragen ab, wobei langfristig eine Nutzung als öffentliches Spa und Konferenzzentrum angestrebt wird. Im Herbst 2024 soll ein Festival die Öffentlichkeit weiter einbinden und die langfristigen Pläne für die Wiederbelebung des Sanatoriums vorantreiben. Dies hängt allerdings ganz vom Wohlwollen des Regionalgouverneurs ab. Es zeigt sich, dass solche Vorhaben durch eine komplexe Struktur von Interessen und Entscheidungsträgern gekennzeichnet sind – es mangelt jedoch nicht an guten Ideen und Engagement zum Erhalt dieser wichtigen Zeitzeugen.