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September / Oktober 2023

Technische Universität Kaiserslautern

Toilette für Alle

Eine öffentliche Bedürfnisanstalt für Kaiserslautern

von Jana Gretz

Hochschule:

Technische Universität Kaiserslautern

Abschluss:

Diplom

Präsentation:

19.04.2023

Lehrstuhl:

Methodik des Entwerfens und Entwerfen | Prof. Dirk Bayer

Rubrik:

Infrastruktur

Software:

Vectorworks, Adobe Lightroom, Adobe Photoshop, Adobe InDesign

Öffentliche Toiletten sind Inseln der Intimität mitten im städtischen Raum. Sie sollten allen Teilen der Gesellschaft in gleicher Weise zur Verfügung stehen und niemanden diskriminieren. Dennoch fühlen sich die meisten Menschen in öffentlichen Toiletten unwohl. Ließe sich dieses Unbehagen – vielleicht nicht allein, aber auch – durch eine sorgfältigere Gestaltung dieser Räume zerstreuen?

Die Toilette für Alle positioniert sich inmitten der Stadt Kaiserslauterns - im Pfarrhof der Stiftskirche, eingefasst von einem ausgefachten Stahlbetonskelettbaus des Architekten Werner Heyls aus den 1960er-Jahren. Ursprünglich von Durchsicht geprägt, bedingten einige planerische Fehlentscheidungen eine erschwerte Zugänglichkeit, wie auch Einsehbarkeit des Platzes. Daraus resultierend entwickelte sich der Pfarrhof im Laufe der Jahre zu einem "Un-Ort" Kaiserslauterns, der bis heute ein gewisses Unbehagen ausstrahlt: Bei Tag ein Zufluchtsort für Minderheiten sozialer Schicht, bei Nacht ein Ort, an dem sich Menschen ihres Drecks entledigen.

Aus dieser Notwendigkeit heraus positioniert sich eine inklusive Bedürfnisanstalt auf Straßenniveau in exponierter Lage auf dem bestehenden Plateau des Pfarrhofs und entwickelt sich aus dessen Grundform. Die klassische Gestalt des Baukörpers, bestehend aus Sockel, Schaft und Satteldach entlehnt sich dem Kontext. Die Dachneigung ist dem Glasanbau Heyls entnommen. Aufgrund der geringen Grundfläche des Bestand-Plateaus sind Elemente des roten Innenraumes gezwungen, sich aus dem eigentlichen Volumen „herauszudrücken“. An das Volumen angebrachte Elemente werden blau lackiert.

Die Bedürfnisanstalt wird als reversibles Konstruktionssystem geplant, welches dem Schalungsbau entnommen ist. Grundlage bilden ausgemusterte Doka Schalungsplatten: Die ReUse Doka Schalungstafeln werden nach Aufbereitung als Außen- wie Innenhaut des Volumens genutzt und mittels Konstruktionsvollholz und Schalungsankern bestehend aus Abstandshaltern, Gewindestäben und Vierkantunterlegsscheiben abschließend von Hutmuttern gekontert.

Um die Unmengen an anfallendem Regenwasser der Dachlandschaft nicht ungenutzt versickern zu lassen, wird ein Wasserspeier an die Attika des aufgeständerten Gebäudeteils des Anbaus angebracht. Dieser führt anfallendes Regenwasser in die Regenrinne der Bedürfnisanstalt, welches wiederum in einem Wassertank, der an der Ostfassade der Bedürfnisanstalt angebracht ist, gesammelt wird. Eine PV-Anlage auf der Südseite des Daches versorgt das Gebäude mit Strom.

Obgleich eine Toilette die "Probleme" eines Ortes nicht zu lösen vermag, kann sie als unentbehrliche Requisite der Stadt weitaus mehr als ein Zweckbau sein. Ihre Präsenz kann ein neues Erlebnis- und Handlungsfeld des Hofes eröffnen.
Text von Jana Gretz.