September / Oktober 2023
Universität Innsbruck
Irren ist menschlich!
Die Psychiatrie und ihre wahnsinnigen Trabanten
Universität Innsbruck
Master
16.12.2022
Institut für Gestaltung Assoz. Prof. Dipl. - Ing. Celia Di Pauli
Gesundheitsbauten
Rhino, Photoshop, Illustrator, Modellbau
Architektur kann als Abbild der Gesellschaft gesehen werden. So kann Gestaltung und Verortung ein Indikator sein welche Wertigkeit gesellschaftlichen Themen gegeben wird. Psychiatrische Einrichtungen sind oft ein negativ Beispiel hierfür und offenbaren die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Krankheiten auf verschiedensten Ebenen.
„Irren ist menschlich - die Psychiatrie und ihre wahnsinnigen Trabanten“ ist ein Architekturprojekt, das sich mit einer der wichtigsten Herausforderungen der heutigen, sich rasch urbanisierenden Welt befasst - der mentalen Gesundheit. Jeder Dritte von uns wird im Laufe seines Lebens mit Problemen der psychischen Gesundheit konfrontiert sein. Probleme mit der psychischen Gesundheit können sich unglaublich isolierend anfühlen, aber in Wirklichkeit sind sie etwas, das so viele von uns erleben. Die oft stigmatisierten und fehlinterpretierten Einrichtungen für psychische Gesundheit sind in der Regel große und zentralisierte Institutionen, die weit entfernt von den Lebensräumen ihrer Nutzer:innen liegen. Auf der Grundlage eines interdisziplinären Recherche- und Entwurfsprozesses stellt dieses Projekt eine lokale Alternative im städtischen Umfeld dar, wo die mentale Gesundheit aus den stigmatisierten, tabuisierten Ecken geholt und ins Zentrum der Gesellschaft gerückt wird. Diese Arbeit unternimmt den Versuch eines Entwurfs von Orten, die die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit psychischen Problemen berücksichtigen und so das Heilen unterstützen sollen. Das Projekt verortet sich an der Schnittstelle zwischen Freizeitgestaltung und therapeutischen Angeboten. Die Trabanten als Räume für mentale Gesundheit sind eine Mischung aus Kulturzentrum und Auszeit für den Kopf. Es sind keine Orte, die einzig auf medizinischen Diagnosen oder Therapieplanung basieren. Es sind keine Orte für vorherrschende gesellschaftliche Vorurteile oder bisher gewohnter Normalität. Das Projekt soll öffentlicher Raum sein und gleichzeitig einen Schutzraum für alle bieten, die sich auf simple Art und Weise mit ihrer psychischen Gesundheit auseinandersetzen möchten. Das Motto: Hilfe zur Selbsthilfe. Über Emotionen zu sprechen, sie spüren und sich davon zu befreien, sind menschliche Grundbedürfnisse, die durch das Projekt neu kultiviert werden. Es umfasst eine Reihe räumlicher Interventionen in der ganzen Stadt, die auf spezifische Voraussetzungen im bestehenden Stadtgefüge reagieren und jeweils einen besonderen psychologischen Nutzen haben. Zusätzlich soll eine Bestands-Psychiatrie durch architektonische Veränderungen aufgewertet werden. Das Ziel des Projektes ist es, die Behandlungslücke zwischen der Diagnose und der stationären Akutversorgung oder der medikamentösen Behandlung zu schließen und das Bewusstsein für psychische Erkrankungen zu schaffen.
Welche Auswirkungen hat die gebaute Umwelt auf die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und wie müssen Räume gestaltet sein, um Heilen zu helfen?
Text von Lea Scholz.