September / Oktober 2023
RWTH Aachen
Around The Table
Transformation des urbanen Zusammenkommens: Narrative der heimischen Küche im Stadtgefüge von morgen
RWTH Aachen
Master
21.08.2023
Lehrstuhl für Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens, Universitätsprofessorin Prof. Dipl.-Ing. Anne-Julchen Bernhardt
Experimentelle Entwürfe
Archicad, Illustrator
Die aktuellen Herausforderungen in Innenstädten, die durch monotone Angebote und den Rückgang des Einzelhandels gekennzeichnet sind bieten dabei im Zusammenhang mit den Wünschen und Bedürfnissen der Stadtgesellschaft großes Potenzial. Die Theorien der lebenswerten, lebendigen Stadt bieten verschiedene Prinzipien, die eine solche Stadtgestaltung fördern, darunter die Nutzungsmischung, die Schaffung von „Dritten Orten“ und die Entwicklung einer stadtgestalterischen Perspektive auf Augenhöhe.
Vor dem Hintergrund dieser Theorien hat sich mir die Frage gestellt, wo solche Räume bereits existieren und welche Eigenschaften sie aufweisen, um vielfältige Nutzungen zu ermöglichen und die zwischenmenschliche Kommunikation zu fördern. In diesem Kontext wurde die private Küche, als niederschwelliger, vielfältig nutzbarer Aufenthaltsort detailliert analysiert, um die sich darin abspielenden Motive und Narrative zu erkennen und im weiteren Verlauf der Arbeit in den Stadtraum zu übertragen. Dabei wurden die sozialen Aspekte der Küche, wie die Förderung von Kommunikation und Interaktion, in den Fokus gerückt, um eine lebendige und lebenswerte Stadtgestaltung zu unterstützen. Die Untersuchung der privaten Küche dient somit als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Räumen, die die Aachener Innenstadt mit niederschwelligen Aufenthaltsorten bereichern. Ziel ist es, einen positiven Beitrag zur Aufwertung des öffentlichen Raums zu leisten und den Bedürfnissen der Menschen nach vielfältigen Begegnungsorten gerecht zu werden. Die städtischen Gebäude bergen dabei großes Potenzial. Neben der Tatsache, dass sie bereits gepflegt und unterhalten werden, bieten sie auch räumlich ideale Bedingungen für die öffentliche Nutzung durch die Stadtgemeinschaft. Die meisten von ihnen sind auf den ersten Blick als öffentliche Gebäude zu erkennen und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Die (historischen) Grundrisse sind außerdem nach einem Schema der öffentlichen Abstufung aufgebaut. Meist gibt es einen überdachten Arkadengang, dann eine Art Windfang, ein Foyer, von dem die Nebenräume, wie Toiletten oder Teeküchen, abgehen und dann im Inneren des Gebäudes die Hauptnutzung. Diese Eigenschaften eignen sich ideal, um den öffentlichen Raum in die Gebäude hinein zu erweitern und der Stadtgesellschaft „ein bisschen mehr“ und „ein bisschen länger“ zur Verfügung zu stellen. Betrachtet man außerdem die Tatsache, dass 38% der CO2-Emission der Bau- und Gebäudewirtschaft zugeschrieben werden kann, wird deutlich, dass sich nicht nur die Frage ergibt, ob bestehende Gebäude für die Stadtgesellschaft „ein bisschen aufgedreht“ werden sollten, sondern vielmehr die Frage, ob wir es uns als Gesellschaft leisten können, irgendetwas anderes zu tun, als unsere bestehenden Räume intensiver und vielfältiger zu nutzen. Aufbauend auf diesem Konzept ist die Aachener Stadtküche entstanden, die wie eine Art „Plug-In“ in bestehende städtische Gebäude integriert werden kann und das öffentliche Leben bereichert.
Text von Anna Schmidt.