September / Oktober 2023
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz
Im Pfeifernetzle
Weiterbauen am Bestand der Stadt
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz
Bachelor
17.07.2023
Prof. Hans Kazzer, Prof. Dominik Fiederling
Wohnbauten
Vectorworks, Affinity Photo, Affinity Publisher
Wie schafft man mehr Wohnraum im städtischen Ballungsraum? „Wohnen im Pfeifernetzle“ bietet hierbei einen Ansatz für ein neugedachtes Wohnkonzept am Ortsrand von Konstanz.
In den 70er Jahren entstanden am Rand unserer Städte neue und großzügig angelegte Großsiedlungen. Sie zeichnen sich häufig durch große „unbespielte“ Freiflächen aus, sowie durch repetive Grundrisse. Die Siedlungen bieteten im Vergleich zum Leben in den dichten und alten Innenstädte moderne und gesunde Lebensqualität. Dichte in der Horizontalen wurde hier gezielt vermieden. Gesellschaftlich sind Anonymität und das Gefühl von der Gemeinschaft abgehängt zu sein, eine der größten Probleme dieser Siedlungen. In der heutigen Zeit zählen sie nicht zu den beliebtesten Wohngegenden.
Ziel des „Pfeifernetzles“ ist es, diese Anonymität aufzubrechen, dem Quartier durch Dichte neuen Charakter zu verleihen und durch das Anbieten von öffentlichen Nutzungen die Anziehungskraft auf die umliegende Nachbarschaft zu erhöhen.
Beispiele aus der Geschichte, wie die Borstei in München oder die Fuggerei in Augsburg geben einen Städtebau wieder, welcher Dichte als Chance versteht. Im Pfeifernetzle wird die Dichte vor allem durch eine horizontale Nachverdichtung erreicht. Baukörper orientieren sich an bestehenden Zeilen, wodurch der öffentliche Raum stärker definiert wird. Es entstehen Quartiersgassen, die jeweils eine individuelle Aufgabe erfüllen. Das Herzstück des Quartiers ist die neue Ladengasse. Sie bietet für die ganze Nachbarschaft kleine und größere Gewerbeeinheiten an, welche die Bedürfnisse des Alltags der Bewohner und Bewohnerinnen bedienen.
Durch die intensive Nachverdichtung können den 229 Wohnungen des Bestandes 111 neue Wohnungen hinzugefügt werden. Außerdem entstehen 14 Gewerbeeinheiten, sowie acht Gemeinschaftsräume im Bestand durch Umbauarbeiten sowie weitere acht in den Neubauten. Das Aufbrechen der Anonymität erfolgt durch eine „Vernetzung“ der parallelen Häuserzeilen. In ihrem Treffpunkt befindet sich ein Gemeinschaftsbereich. Dieser zeichnet sich durch eine doppelte Raumhöhe aus. Angehängte „Balkonschichten“ ermöglichen den direkten Austausch untereinander. Ein hoher Grad an Privatsphäre ist dennoch gewährleistet. Durch Brücken in jedem zweiten Geschoss lässt sich der Gebäudekomplex durchqueren. Des Weiteren befindet sich ein großes Kaminzimmer am neu definierten „Pfeifergärtle“ und dem angrenzenden Wald.
Das Wohnen in den eigenen vier Wänden ist im hohen Alter leider nicht immer möglich. Die Nutzungsneutralität der Räume ermöglicht eine höhere Flexibilität auf veränderte Wohnanforderungen. Das Konzept der Wohnungen ist das Schaffen von gleichwertigen Individualräumen mit eigenem Sanitärblock, sodass verschiedenste Wohngemeinschaften möglich sind. Eine längere Nutzung der Wohnung, auch bei einer veränderten Lebensphase ist dadurch möglich.
Durch Vernetzen, Verdichten und Beleben, kann aus der Siedlung „Pfeiferhölzle“ das neue „Pfeifernetzle“ entstehen.
Text von Tim Feinauer.