Juli / August 2023
Universität Stuttgart
Ihme-Archipel
Über das Scheitern von Teilprodukten einer Utopie und die resultierenden Möglichkeitsräume für eine grundlegende Veränderung der Baukultur und Gesellschaft.
Universität Stuttgart
Master
05.06.2023
Institut für Baukonstruktion, Lehrstuhl für Nachhaltigkeit und Entwerfen, Professor Jens Ludloff
Städtebau
Vectorworks, Rhino, Adobe Photoshop/-Indesign, Lumion
Die Arbeit untersucht das Scheitern von reellen Teilprodukten einer Utopie vergangener Tage. Was haben die gebauten Abbilder aus einer Zeit des grenzenlosen Wachstums mit einer Systemutopie, die wir in uns tragen, zu tun?
Das Ihme Zentrum in Hannover, ein multifunktionaler Großkomplex, zwischen Traum, Ruine, Realität, Spekulation und Abschreibung.
Schließlich, über die Möglichkeit einer Transformation, die Utopie der Veränderung.
01
Wir stecken fest in einer Systemabhängikeit. Ein System was Gesellschaft und Architektur formt. Ein System, das maximalen Eigensinn, Kurzweiligkeit und Profit als Hauptziele verfolgt und so politische Leitmotive prägt, wie maximaler Wachstum. Der Glaube an unsere Fähigkeiten technologische Fortschritte zu vollziehen, welche alle Probleme lösen, scheint immer noch das Allheilmittel. Dies ist allenfalls eine blinde Rechtfertigung, um das System auf dem unsere Gesellschaft, Politik und Kultur ruht, aufrechtzuhalten. Große Teile des Bestandes der Architektur und auch die, der Gesellschaft, sind ein Produkt der 70er Jahre. Wir wurden zu einer Konsumgesellschaft geprägt in einem System des grenzenlosen Wachstums. Doch alles ist erschöpft. Bewusst und unterbewusst omnipräsent. Eine Utopie mit ihren Teilprodukten, realisiert in System, verankert in Gesellschaft und bildlich festgehalten in Architektur. Das offensichtliche liegt vor uns. Ruinen der Stadt, Struktur und Gesellschaft.
02
Über die Großstrukturen der Moderne und deren architektonisches Erbe als Möglichkeitsraum der Transformation und Verpflichtung einer grundlegenden Veränderung der Baukultur und Gesellschaft. Das Ihme-Zentrums ist ein Paradebeispiel für ein urbanes Brownfield, gefangen im System und entwicklungsunfähig. Die Struktur steht an einem ehemaligen Industriestandorts Hannovers, komplett vernetzt, und dennoch halb tot. Vorhandenes soll der Mittelpunkt der Arbeit werden.
Eine Ruinöse Insel wird zu einem Versorgungsarchipel essentieller Güter mit 3 thematischen Inseln. Für eine Reparationsgesellschaft die handelt (Gesellschaft + Kunst und Kultur), repariert (Baukultur + Gesellschaft) und erzeugt + speichert (Technik + Ressource).
03
Städtebaulich wird durch zwei radikale Schnitte die Insel geteilt zu einer Inselgruppe und es entsteht ein Archipel. Das Ihme-Archipel. Die Struktur und ihre ursprüngliche Schichtung wird neu geordnet und gedacht. Die Untergeschosse sollen überwiegend als Speicher, Lager und Logistik dienen. Das Erdgeschoss wird wieder öffentlich zugänglich gemacht und beinhaltet das Handeln, Produzieren und Reparieren. Darüber vernetzen sich Forschung, Verwaltung, Bildung und Handel mit den jeweiligen expliziten Nutzungen darunter. Zwischen dem 1. Und 2. Geschoss findet jetzt ein klarer Schnitt zwischen öffentlich, halböffentlich und privat statt. So entsteht auf der ehemaligen Einkaufspassage, eine gemeinschaftliche Gartenanlage für die Bewohner.
Text von Samuel Holz.