November / Dezember 2023
Technische Universität Dresden
Eine Kaskade für Carl
Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg – Carl von Ossietzky

Technische Universität Dresden
Diplom
10.02.2022
Prof. für Gebäudelehre und Entwerfen: Öffentliche Bauten; Prof. Ivan Reimann
Kulturbauten
Vectorworks, Photoshop, InDesign, Illustrator
„Wird es uns je gelingen, diese Utopie [der idealen Bibliothek] zu verwirklichen?“ Eine womöglich rhetorische Frage, die sich Umberto Eco in seinem Essay „Die ideale Bibliothek“ abschließend stellt, nachdem er anhand eins Negativmodells einen Anforderungskatalog schriftlich formuliert, den die ideale Bibliothek erfüllen müsse. Durchlebt die Bibliothek ein sich veränderndes Leitbild ihrer selbst? Wie kann die zeitgemäße Bibliothek baulich gefasst werden um sowohl inhaltlich, als auch architektonisch der „idealen Bibliothek“ und den sozial gesellschaftlichen Ansprüchen an diese gerecht zu werden?
Das Projekt „Eine Kaskade für Carl“ traut sich eine Antwort auf die neue Denkweise eines Bibliotheksbaus zu geben und möchte rufen: „Ich habe den Mut mich als Bibliothekswesen neu zu definieren um euch eine neu-andere Lern- und Wissenswelt zu eröffnen!“ Das Baugrundstück der Sta.-Bi. befindet sich an prominenter Stelle in Hamburg Mitte auf dem Universitätscampus am Dammtor und möchte in Zukunft eine repräsentative Haltung einnehmen und den baulich doch recht zerklüfteten Campus mit einer starken neuen Adresse markieren. Da der aktuelle Bau den modernen Nutzungsanforderung nicht mehr gerecht wird, steht dieser zur Disposition. Er schließt außerdem teilweise rudimentär an die Klinkerfassade des ehemaligen Schulgebäudes an der Moorweidenstraße („Altbau“) an, was aus der Sicht der Denkmalpflege kaum vertretbar scheint.
Um sich dem Ort städtebaulich annähern zu können, möchte man die Situation der Campusachse beruhigen. Zwar wurde der Neubau von außen nach innen, sowie von innen nach außen simultan entworfen, nimmt sich aber dennoch als hoher Kubus und Solitär zurück und schafft auf dem Grundstück im Süd-Osten Platz für einen neu angelegten Park. Außerdem lässt er den Altbau zu seiner Ursprungsform zurückkommen und gibt ihm die Entfaltung als Solitär wieder.
„Eine Kaskade für Carl“ ist zum Einen eine Hommage an den Pazifisten und Freiheitskämpfer Carl von Ossietzky, lässt namentlich aber auch schon die Vielfalt der inneren Welt erahnen. Konzeptionell versteht sich der Entwurf als eine offene und fließende Lernwelt, die altertümliche Hierarchien aufbricht und dem Buch als Wissenszugang im Kerninneren zwar noch Raum bietet, aber viel mehr den Wissensaustausch zwischen den Menschen in den Vordergrund stellt. Durch kompositorische, sowie funktionale Luftraumeinschnitte entsteht eine Luftraumkaskade, die Blickbeziehungen zwischen den einzelnen Programmbereichen herstellt und atmosphärisch das Haus als ein Ganzes fasst und verbindet.
Die Seele des Hauses ist das ultimative Raumkontinuum, welches im Geiste ein organisches Konglomerat mit sich führt. Die innere Welt lässt sich durch die rote Steinfassade und den gesetzten Rhythmus der Lamellen nach außen hin ablesen und gibt den inneren Mythos und die Luftraumskulptur frei: Die Fassade als Bild. Die rote Farbigkeit weist hanseatische Bezüge auf und schimmert vor Ort als etwas Extravagantes.
Text von Alexa Glaser.