November / Dezember 2023
Technische Universität München
Die Wohnmetamorphose
Robuste Wandelarchitektur in Barcelona
Technische Universität München
Master
11.10.2023
Lehrstuhl für Städtische Architektur, Prof. Dietrich Fink
Wohnbauten
Vectorworks, Photoshop
Der Ort
Barcelonas vernakuläre, aber auch moderne Architektur ist Vorreiter in der Kombination aus robuster Low-Tech-Architektur und Passivstrategien für die mediterrane Klimazone. Dieses Zusammenspiel wird in Deutschland durch den Klimawandel immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Wohnmetamorphose soll als zukunftstauglicher Idealtypus verstanden werden. Sie ist ein wandelbares Haus, das in der Lage ist, sich den jahreszeitlichen klimatischen Verhältnissen anzupassen.
Das spitzwinklige Eckhaus befindet sich am Treffpunkt der drei Stadtviertel El Raval, Sant Antoni und El Poble Sec.
Wohnräume als Schwelle
Das Gebäude bietet 48 Wohnungen, verteilt auf sechs Stockwerke. Das Wohnkonzept beruht auf durchgesteckten Wohnräumen, die den Stadtraum mit einem klimaregulierenden Patio verbinden. Die Küchenzone grenzt jeweils an einen kleinen Eingangsbereich, der den Austausch mit der Hausgemeinschaft im dreieckigen Hof ermöglicht. Alle Wohnungen sind um den Patio angeordnet und profitieren von seinem Kamineffekt.
Funktionen
Die Wohnmetamorphose verhält sich im Sommer anders als im Winter, was bereits von außen sichtbar ist. Bewohner*innen steuern ihre natürlichen Abläufe: an heißen Tagen öffnet sie sich der Stadt und breitet ihre Rollos aus. Sie schützt damit ihre dicke Außenhaut vor der Sonne. Bis in den Nachmittag können Räume von der nächtlichen Kälte in ihren Bauteilen zehren. Wird es zu warm, entlässt die Wohnmetamorphose die warme, verbrauchte Luft aus ihrem Inneren durch ihren Patio nach oben ins Freie (Kamineffekt). Im Winter fällt sie in einen starren Winterschlaf und schließt all ihre Öffnungen. Ihre Decken und ihre Fassadenhaut speichern die solare Wärme, um nachts Reserven für ihre Räume bereitstellen zu können.
Wie kann eine Wohnmetamorphose in Barcelona funktionieren?
• In jedem Wohn- und Individualraum besteht eine Querlüftung, über die der Kamin verbrauchte Luft absaugt. Fenster oder Türen befinden sich dazu auf gegenüberliegenden Seiten und die Tiefe des längsten Raums ist höchstens zweieinhalbmal so groß wie die Raumhöhe.
• Die Wohnmetamorphose ist massiv gebaut. Die dicke Außenhaut und Decke speichern die Wärme oder Kälte. Das 80 cm starke Mauerwerk und die 60 cm dicke Kappendecke sorgen für zeitverzögerte Temperaturabgaben.
• Zur Ankurbelung des Kühleffekts besitzt der Kamin in den untersten drei Stockwerken eine direkte Öffnung zur kältesten Stelle der Hausfassade: ein schattiger Hinterhof auf der Nordseite.
• In der Wohnmetamorphose wird nur die nötigste Haustechnik verbaut, damit eine hohe Ausfallsicherheit gewährleistet ist.
• Das Haus wird einfach nutzbar. Dadurch können Bewohner*innen die Anpassungen im Jahresverlauf steuern und behalten die Kontrolle.
• Die Anpassungen der Wohnmetamorphose an unterschiedliche Umweltbedingungen ist für alle Bewohner*innen verständlich, damit jede*r die gleiche Aufgabe beim Steuern der Wohnmetamorphose übernehmen kann.
• Die (Innen-) Architektur wird langlebig und reparabel ausgeführt.
Text von Cäcilia Halbgewachs.