Urban MYCOSkin: Haltestelle aus Myzel und Abfall
Studierende der Bartlett School of Architecture erforschten die Kombination von Myzel, 3D-Drucktechniken und Abfällen aus der Fast-Fashion-Industrie als alternatives Baumaterial.
Sinkende Niederschläge und steigende Temperatur stellen Europas Städte vor wachsende Herausforderungen. Die Auswirkungen der zunehmenden Sommerhitze betreffen insbesondere die lokalen Ökosysteme und die Bewohner*innen. Mit ihrem Entwurf für eine Tramhaltestelle am Praça Martim Moniz in Lissabon, machen Natalia Piórecka, Rita Morais und Jennifer Levy von der Bartlett School of Architecture aus London einen klimaresistenten Vorschlag.
Kontextuelles Design
Ein schalenförmiger Unterstand soll den städtischen Wärmeinseleffekt abschwächen und gleichzeitig die Biodiversität unterstützen. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Verwendung von Myzel-Paneelen, die in einem 3D gedruckten Sockel aus Holz-Filament stehen. Die Struktur wird durch einen Metall-Rahmen unterstützt. Durch eine partielle Begrünung mit lokalen Pflanzen soll Urban MYCOSkin die städtische Artenvielfalt fördern und gleichzeitig für eine passive Kühlung sorgen. Die Verwendung organischer Materialien steht im Kontrast zur städtischen Umgebung und dient nicht nur der Verschattung und Vegetation, sondern auch als Lärmschutz.
Abfall als Ressource
Natalia Piórecka, Rita Morais und Jennifer Levy präsentieren ihre Materialforschung und Fertigungstechnik anhand eines prototypischen Panels. Neben Myzel verwenden sie Abfälle aus der Landwirtschaft sowie auch recycelte Textilien, um auf die Auswirkungen der Fast-Fashion-Industrie hinzuweisen. Die enzymatische Kraft der Pilze zersetzt das Abfallsubstrat und verwandelt es in neues Biomaterial. Das Wachstum des Myzels erfordert nur wenig Energie und die Produktion des Biomaterials hat einen geringen Kohlenstoff-Fußabdruck. Zusätzlich binden die Pilze während des Wachstumsprozesses aktiv Kohlenstoffdioxid. Am Ende ihres Lebenszyklus sind die Materialien aus Myzel-Basis vollständig biologisch abbaubar und werden zu nährstoffreicher Biomasse. Mit der Umwandlung von Abfällen zu Biomaterialien demonstriert Urban MYCOSkin somit ein Beispiel für kreislaufgerechtes Bauen.
Ein Blick in die Zukunft
Mit ihrem Projekt gewannen die Entwerferinnen als „Rising Stars“ in der Kategorie „Shaping a circular industrial ecosystem and supporting life-cycle thinking“ (Gestaltung eines kreislauforientierten industriellen Ökosystems und die Förderung eines ganzheitlichen Lebenszyklusdenkens) den New European Bauhaus 2024. Eine Motivation für die Zukunft: Das Team hat die Vision, neben der Entwicklung eines maßstabsgetreuen Prototyps auch mit lokalen Behörden und Gemeinden zusammenzuarbeiten und Workshops abzuhalten. Der Austausch mit Bildungseinrichtungen, Umweltgruppen und Branchenexperten steht im Fokus und soll mittelfristig die Umsetzung eines Pilotprojekts ermöglichen.