Shadow Transitions: Schatten für die Nachbarschaft
Als Aktion von Creating NEBourhoods Together entstand das Projekt Shadow Transitions mit dem Ziel, Neuperlachs Brücken hitzesicher zu machen und die Nachbarschaft zusammenzubringen.
Mit dem Projekt „Creating NEBourhoods Together“ beteiligt sich die Stadt München an dem New European Bauhaus (NEB) – einer Initiative der Europäischen Kommission, um den European Green Deal durch partizipative und interdisziplinäre Projekte zu fördern. NEBourhoods wurde dabei als eines von sechs europäischen Leuchtturmprojekten ausgewählt. Ziel ist es, mit dem Zusammenschluss aus zahlreichen Organisationen, Bürger*innen und Expert*innen, den Stadtteil Neuperlach im Südosten Münchens zu einer lebenswerten und zukunftsfähigen Nachbar*innenschaft zu gestalten.
NEBourhoods konzentriert sich auf verschiedene Bereiche wie den öffentlichen Raum, Wohnen, Bildung, nachhaltige Energie und die Entwicklung von Mobilitätskonzepten. Gleichzeitig legt das Projekt Wert auf die Förderung von Jugendkultur, den Schutz der Biodiversität und die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft. Im Zuge der NEB Actions plant NEBourhoods bis 2025 zehn Aktionen für eine zukunftsfähige Stadt. Sieben der Aktionen werden von der TU München mitorganisiert, viele davon am Department of Architecture.
Public Power
Der Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen unter der Leitung von Prof. Thomas Auer hat es sich im Zuge des Entwurfsstudios „Public Power – Thermal health in public spaces through productive shading“ zur Aufgabe gemacht, die thermische Gesundheit in Neuperlach durch gezielte Verschattung zu verbessern. Der urbane Raum, insbesondere weitläufig versiegelte Flächen, können der zunehmenden Temperaturbelastung durch den Klimawandel nicht mehr standhalten. Dies stellt für vulnerable Gruppen ein Gesundheitsrisiko dar und schließt sie vom öffentlichem Leben aus. Deswegen haben Studierende im Laufe des Sommersemesters 2023 Projekte entworfen, die neben Klimaanpassungsmaßnahmen auch einen sozialen Mehrwert mit sich bringen und ungenutzte öffentliche Räume wieder einladender gestalten.
Shadow Transitions
Anhand von umfangreichen Messungen wurde das Klima in Neuperlach wissenschaftlich analysiert. Hannah v. Pander, Tobias Trübenbacher, Elias Schreiner und Leonie Kratzner stellten dabei fest, dass die zahlreichen Fußgänger*innenbrücken besonders heiße Bereiche in der städtischen Umgebung sind. Die Brücken, die in den 1960er und 1970er Jahren errichtet wurden, um das Überqueren der teils mehrspurigen Straßen zu erleichtern, sind heute zwar ein markantes Wahrzeichen Neurperlachs, werden aber häufig im Sommer gemieden. Dennoch sind Anwohner*innen aufgrund der radikalen Trennung von Fußgänger*innen und Autoverkehr in dem autozentrierten Stadtteil nach wie vor stark auf die Brücken angewiesen. Dem Team war es wichtig, neben der reinen Verkehrsinfrastruktur auch die Potenziale der Orte hervorzuheben und die Zugänglichkeit zu stärken. So entwickelten sie das Konzept „Shadow Transitions“ – ein modulares Verschattungssystem, das die Fußgänger*innen vor der Sonne schützt und Platz zum Verweilen und sozialen Interaktionen schafft.
Den ersten Prototyp hat das Team auf der Jakobus Brücke getestet: Ein Segel mit reflektierender Oberfläche, in drei Abschnitte geteilt und durch unterschiedliche Ausrichtungen an die Morgen-, Mittags- und Abendsonne angepasst. Durch eine Fixierung mit Gummibändern können die Winkel je nach Jahreszeiten und Wetterlage angepasst werden. Das Segel wurde mithilfe von recycelten Holzpfeilern an der Balustrade der Brücke befestigt.
Ciné Vélo Cité
Durch die Arbeit vor Ort wurde deutlich, dass die Brücken weiterer Aktivierung bedürfen. Insbesondere für Jugendliche bietet Neuperlach wenig qualitative Aufenthaltsorte. In der Zusammenarbeit mit dem Fahrradkino und Filmlabor Ciné Vélo Cité entstand die Idee eines temporären Kinos. Im Juli transformierten das Team von Shadow Transitions und die Initiative aus Architekturstudierenden der Hochschule München gemeinsam mit Jugendlichen der Wilhelm-Röntgen-Realschule unter der Anleitung des Filmemachers Patrik Thomas, die Jakobus Brücke zur Spielstätte. Gezeigt wurden unter anderem Filme von Studierenden und Absolvent*innen der Hochschule für Film und Fernsehen. Innerhalb von kürzester Zeit hat sich ein Netzwerk von Initiativen, Studierenden unterschiedlicher Hochschulen und Anwohner*innen gebildet.
Nach dem erfolgreichen Auftakt sind das Team von Shadow Transitions und Ciné Vélo Cité weiterhin eng in Kontakt. Trotz zahlreicher bürokratischer Hürden möchten sie die Struktur an weitere Orte bringen und so hitzebelastete Plätze in geschützte und soziale Treffpunkte transformieren.