Foren, Wald, Hotel, Pool: Die Preisträger*innen des Young Talent
Vier Abschlussarbeiten, zwei davon aus Deutschland: Am 19. Juni 2025 wurden in Venedig die Gewinner*innen des renommierten Young Talent bekannt gegeben. Der Preis, der parallel zum EUmies Award vergeben wird, ging in diesem Jahr in die fünfte Runde.

Den Nachwuchs fördern und herausragende Abschlussarbeiten auszeichnen – mit diesem Ziel vergibt die Fundació Mies van der Rohe alle zwei Jahre den Nachwuchspreis Young Talent. Dieser richtet sich an frische Absolvent*innen der Architektur, Stadtplanung und Landschaftsarchitektur.
344 Einreichungen von 124 Schulen aus 46 Ländern: Davon wählte die internationale Jury – Maibritt Dammann, Ana Dana Beroš, Jason O’Shaughnessy, Konstantinos Pantazis und Daliana Suryawinata – in einem mehrstufigen Prozess vier Projekte aus. Eine der vier Auszeichnungen, der „Young Talent Open“, richtet sich explizit an Hochschulen außerhalb des Creative-Europe-Netzwerks, darunter Institutionen aus Südostasien, Australien und Neuseeland.
Preisträger*innen des Young Talent Awards:
- „Brave New Axis“ von Spyridon Loukidis, Markos Georgios Sakellion und Georgios Thalassinos, Absolventen der National Technical University of Athens
- „Forest & Phoenix“ von Vera Kellmann, Carolina von Hammerstein, Absolventinnen der Technischen Universität Berlin
- „Hotel Interim“ von Andreas Stanzel, Absolvent der Bauhaus-Universität Weimar
Preisträger des Young Talent Open:
- „Poolside Politics“ von James Langlois, Absolvent der University of Westminster
Vier Ansätze, vier Maßstäbe – im Bestand
In „Brave New Axis“ nehmen Loukidis, Sakellion und Thalassinos eine städtebauliche Achse in Athen – Reminiszenz einer überholten Planung – zum Ausgangspunkt. Das Dreierteam arbeitet mit dem feinkörnigen Gefüge der Stadt und schlägt vier neu verknüpfte Orte vor: einen Garten, ein Forum, Wohnraum, ein Labyrinth. Der Entwurf zeigt, wie soziale, historische und räumliche Narben geschlossen werden könnten.

Vera Kellmann und Carolina von Hammerstein befassen sich in „Forest & Phoenix“ mit den Folgen von Waldbränden. Für ein geplantes Kompetenzzentrum in Brandenburg entwickeln sie ein Konzept, das technisches Wissen mit öffentlicher Teilhabe verbindet. Mitten im Beelitzer Wald bilden vier hybride Baukörper ein dezentrales Netzwerk, das Forschung, Prävention und Bildung verzahnt. Verkohlte Bäume aus abgebrannten Wäldern dienen als konstruktives Element – eine Transformation von Verlust zu Ressource.

Andreas Stanzel setzt in „Hotel Interim“ auf den Erhalt des seit 2015 leerstehenden Hotels in Halle. Statt Abriss schlägt er eine Zwischennutzung vor: Ateliers, eine Bauteilbörse, ein Nachbarschaftszentrum sowie Residenzen für Studierende und Künstler*innen. Das Projekt greift die Debatte um den materiellen und immateriellen Wert des Bestands auf. Ein wichtiger Teil der Arbeit war die historische Recherche, bei der der Hausmeister, der das Gebäude seit 47 Jahren betreut, als Zeitzeuge diente.

James Langlois untersucht in „Poolside Politics“ die Möglichkeiten kollektiven Handelns für die Wiederbelebung öffentlicher Infrastrukturen. Sein Untersuchungsgegenstand: das Freibad Luminy am Rand von Marseille. Die Idee: gemeinschaftliches Bauen mit recyceltem Material, initiiert durch Bürger*innen. Mit unerwarteten Funktionen wie einer Seifenfabrik will der Absolvent das Freibad in ein multifunktionales Zentrum verwandeln.

Mehr als Bauen: Fragen und Debatten im Fokus
Von Kleinstrukturen im Wald bis zu städtebaulichen Revitalisierungen – die baulichen Eingriffe stehen nicht im Vordergrund. Die Jury würdigte wohl vor allem die Fragen und Diskussionen, die die Projekte anstoßen. Mit strategischen und gestalterischen Ansätzen greifen die Entwürfe akute Herausforderungen auf. Die Arbeiten machen deutlich, dass diese Generation der Planenden nicht nur gestalten, sondern Verantwortung übernehmen will – mit Blick auf Gesellschaft, Ressourcen und Zukunft.