Ziemlich neugierig: Wie Curious About Theorie in klare Praxis verwandelt
Aus Freundschaft im Studium wird reale Architektur: Ein Blick auf ein Karlsruher Büro, das von Ausstellungsarbeit über Frei Otto bis zur Hotelentwicklung in alten Bürotürmen denkt.

Formiert hat sich Curious About 2020, mitten in der Corona-Pandemie. Die Gründer Florian Bengert, Lukas Bessai und Marcel Schaaf verbinden in ihren Projekten Praxis und Theorie. Ihr Spektrum reicht vom Ausstellungsdesign über Einfamilienhäuser bis zu Großprojekten im Industriegebiet. Dabei orientieren sie sich konsequent an Kontext, Material und gesellschaftlichen Fragen.
#StudioUnderConstruction wirft einen Blick auf Entstehungsgeschichten, Projekte und Philosophien von Architekturbüros, die ihre Gründung innerhalb der letzten fünf Jahre vollzogen haben – oder mittendrin stecken. Eine Reihe von und für Newcomer*innen.
Gemeinsame Wurzeln im Studium
Die Geschichte von Curious About begann am Karlsruher Institut für Technologie, wo Florian, Lukas und Marcel gemeinsam studierten. Sie verband eine enge Freundschaft, die über Jahre hielt, obwohl sich nach dem Abschluss ihre Wege trennten. Sie arbeiteten in verschiedenen Architekturbüros in Stuttgart, München und Karlsruhe, während Florian zusätzlich in Redaktionen wie der ARCH+ in Berlin tätig war. Doch der Kontakt blieb bestehen, und erste kleine Wettbewerbe führten sie wieder zusammen.
Ein Wendepunkt war der Auftrag ihres ehemaligen Architekturtheorieprofessors Georg Vrachliotis, eine Ausstellung über Frei Ottos Archivarbeiten in Jeddah, Saudi-Arabien, zu gestalten. Die Verbindung von theoretischer Reflexion und experimenteller Praxis stärkte ihr Vertrauen in die gemeinsame Arbeitsweise. So wagten sie schließlich den Schritt zur Gründung ihres Büros.

Anfangen mit Ausstellen
Ihr erstes Projekt, die Ausstellung „FREI OTTO’S LEGACY IN SAUDI ARABIA“, legte den Grundstein für die Identität des Büros. Ihre Methode: Sie übersetzten biomimetische und freie Formen, inspiriert von Frei Ottos Prozessen, in eine räumliche Erfahrung. Eine organisch geformte Tischstruktur lud Besucher*innen ein, Archivmaterial aus nächster Nähe zu erkunden. Ein Raster aus Leuchtstoffröhren sorgte für funktionale und ästhetische Beleuchtung. „Wir konnten uns den Luxus leisten, zu spielen und zu experimentieren“, sagt Florian. „Normalerweise hätte ein Kurator gesagt: Das geht nicht, das Licht reiche nicht aus oder es sei zu riskant. Die Exponate sind schließlich Originale, die man sonst nur mit Samthandschuhen anfasst – und die liegen dann direkt vor einem.“ Dieses Projekt spiegelte bereits das Credo des Büros wider: künstlerische Freiheit, theoretischer Tiefgang und praktische Effizienz.

Erstes Projekt heißt großes Projekt
Die Gründungsphase brachte organisatorische Herausforderungen: Partnerschaftsverträge, Gründungskredit, Büroorganisation. Doch die Mühe zahlte sich aus. Kurz nach der Gründung gewannen sie ihr erstes Großprojekt. Mit einer Studie überzeugten sie einen Projektentwickler in Karlsruhe, ihnen das Projekt „R>>ROW“ in Auftrag zu geben. Der Entwurf für das Rheinstraßen-Areal greift den industriellen Charakter des Umfelds nahe des Rheinhafens auf – in Bauweise und Materialwahl. Zwei Gebäude bieten Gewerbeflächen, ein Hotel und Produktionsstätten. Ein markantes Element ist die 112 Meter lange Leichtbau-Regalstruktur an der Südseite des Bürogebäudes. Sie schafft kommunikative Außenbereiche und dient zugleich als Schall- und Wärmedämmung. Dieses Projekt, nun kurz nichtmehr weit vom Bauantrag entfernt, markiert einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung des Büros.

Vieles verbinden, viel Verantwortung tragen
Für Curios About ist die Verbindung von Praxis und Lehre zentral: Florian und Lukas lehren an der Hochschule für Technik Stuttgart und fördern so den Austausch zwischen Theorie und Projektarbeit.

Mittlerweile zählt das Büro fünf Mitarbeitende. Mit ihrem experimentellen Ansatz zeigt Curious About, dass Architektur mehr ist als funktionale Lösungen. Sie erfordert eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Material, Kontext und gesellschaftlichen Fragen. Die Gründer bringen ihre Erfahrungen ein, tragen Verantwortung und lernen täglich dazu, sei es in der Projektentwicklung oder im Umgang mit wirtschaftlichen Herausforderungen. Ihr Weg zeigt auch, wie schnell alles manchmal gehen kann.
