Stadtentwicklung im Sonderangebot: Vom Kaufhof zum „aufhof“
Ein leerstehendes Kaufhaus verwandelte sich in Hannover zu einem offenen Raum, indem verschiedene Akteur*innen der Stadtgesellschaft zusammenkommen sollen.
In unseren Innenstädten stehen immer mehr Warenhäuser leer. Das alte Kaufhauskonzept hat sich durch veränderte Kaufgewohnheiten wie Onlineshopping überlebt. Doch was tun mit den oft riesigen Gebäuden der ehemaligen Konsumtempel in den Stadtzentren? Sie können eine wichtige Ressource für nachhaltige Stadtentwicklung sein, wie ein Projekt aus Hannover zeigt: Der alte Galeria Kaufhof aus den 1970er Jahren wird bis zum 13.07.2024 zum „aufhof“. Das „K“ fällt weg, und das „auf“ ruft zum Aufbruch auf. Aus einer Kooperation der Hochschule Hannover, der Landeshauptstadt Hannover und der Wirtschaftsförderung Hannoverimpuls entstand die Idee, im Erdgeschoss des Gebäudes ein Forum zukunftsweisende Gestaltung von Innenstädten zu etablieren. Der Eigentümer überließ dafür die Immobilie temporär der Stadt.
Raum für das Neben- und Miteinander
Die Erdgeschossfläche des „aufhofs“ umfasst 5000 Quadratmeter. Während der Zwischennutzung prägt ein vielfältiges Programm den Bereich. Neben festgelegten Clustern wie Gastronomie und Auditorium bleibt der übrige Raum flexibel. Hier finden Veranstaltungen von Workshops zum nachhaltigen Bauen bis hin zum Seniorentanztreff statt. Prof. Tatjana Sabljo, die an der Hochschule Hannover „Kontextuelles Entwerfen und Konstruieren“ lehrt, verantwortet die architektonische Umsetzung des „aufhofs“. Ihre Eingriffe nutzen die Offenheit des Grundrisses und lassen mehr Tageslicht ins Gebäude, das sich zum Stadtraum hin präsentiert.
Hannoveraner Think-Tank
Ein fester Bestandteil des „aufhofs“ ist die so genante „innovercity“. Der Name leitet sich aus den Begriffen Innovation, Hannover, Diversity und City ab. Diese Initiative der Hochschule Hannover, gemeinsam mit dem Entrepreneurship Center „NEXSTER“ und allen weiteren Hochschulen der Stadt, möchte Wirtschaft, Hochschulen und Zivilgesellschaft räumlich zusammenbringen, um die Innovationskraft der Beteiligten zu stärken und einen Ort des Ideenaustauschs zu schaffen.
„das wilde bauen“ geht weiter
Ein beispielhafter Workshop im „aufhof“ war „das wilde bauen“, organisiert von Christian Sternhagen, über dessen Abschlussarbeit baunetz CAMPUS bereits berichtete. Das Seminar versteht sich als Fortsetzung der Thesis und Übertragung auf den öffentlichen Raum. Bei der Auftaktveranstaltung am 24.06.2024 gaben die Hamburger Kollektive Polycarbonara und Serviervorschlag sowie Tatjana Sabljo für BDA Hannover einen ersten Input. Danach erprobten die Teilnehmenden drei Wochen lang ressourcenschonende Gestaltung. Das nötige Material dafür bietet das alte Kaufhofgebäude selbst. Ziel war es, Wissen zu vermitteln und aus den Materialien Möbel für die „Abrissparty“ zum Ende der Zwischennutzung anzufertigen. Es beteiligten sich noch weitere Akteur*innen: Architekturfotograf Joshua Delissen fotografierte im Rahmen des Seminars die leerstehenden Etagen des Kaufhauses über dem Erdgeschoss. Seine Bilder sollen die Betrachter zum Nachdenken über den Zustand des Leerstands anregen. Architekt Humam Abou Asali fertigte eine Collage sämtlicher Galeria-Kaufhaus-Fassaden in Deutschland an und versucht, so der Wahrnehmung und den Gestaltungsprinzipien auf den Grund zu gehen.