Schwebende Myzelkugeln: Der Pavillon Growing Matter(s)

Henning Larsen und das Politecnico Di Milano präsentieren mit ihrem Beitrag auf der Milan Design Week 2025 eine begehbare Installation: Gezeigt wird die Vielseitigkeit des Materials Myzel.

Was auf den ersten Blick nach Waldboden aussieht, hat sich in den letzten Jahren als vielversprechender Baustoff erwiesen: Myzel – das Wurzelgeflecht von Pilzen. Ob als Dämmstoff, Fassadenelement oder tragende Struktur, der lebende Werkstoff kann durch Umweltfreundlichkeit, Vielseitigkeit, Stabilität und Formbarkeit überzeugen. Doch wie lässt es sich mit einem ständig wachsenden Material gestalten? Mitunter dieser Frage widmete sich das dänische Architekturbüro Henning Larsen und entwickelte gemeinsam mit dem Material Balance Research Lab des Politecnico di Milano den Pavillon Growing Matter(s). Die interaktive Installation, die das Potenzial von Myzel erlebbar beleuchten soll, wurde Anfang April erstmals auf der Milan Design Week 2025 präsentiert.

Vom Substrat zur Myzelkugel 

Bislang fand Mzyel insbesondere in Form von Quadern oder Platten Anwendung in der Bauindustrie. Mit Growing Matter(s) erprobten die Beteiligten nun eine andere geometrische Form – die Kugel.  Hierfür mischten sie ein Substrat aus Hanf, Mehl, Zucker und Biertreber. Anschließend fügten sie zwei verschiedene Myzelstämme hinzu und formten die Substrat-Myzel-Mischung um Holzkugeln. In den darauffolgenden Wochen konnte sich das Myzel unter kontrollierten Bedingungen ausbreiten. Das Ergebnis: Zahlreiche feste, schwammartige Myzelkugeln. 

Um die verschiedenen Möglichkeiten des Materials hervorheben zu können, arbeitete das Team mit drei Kategorien:  Ein Teil der Kugeln wurde getrocknet, sodass das Myzelwachstum stoppte und eine stabile Struktur entstand. Bei anderen Kugeln wurde das Wachstum stattdessen durch unter anderem mehr Feuchtigkeit gefördert.  Eine weitere unbehandelte Gruppe erlaubte kontinuierliche Entwicklung und Beobachtung. Resultat war eine Vielfalt an beigen bis weißen, trockenen bis feuchten und toten bis lebendigen Myzelkugeln, die in der Installation Platz finden sollten.

Einzigartige Kugeln in der Schwebe

Der schließlich 24 Quadratmeter große Pavillon erinnert an ein abstraktes Sonnensystemmodell: 80 massive Myzelkugeln schweben in einer filigranen Gerüststruktur. Durch das natürliche Wachstum des Materials ist jede Kugel einzigartig. Einige Kugeln sind glatt und kompakt, andere rissig, porös oder ungleichmäßig. Jene natürlichen Variationen sahen die Verfasser*innen nicht als Mängel, sondern nutzten sie, um mit ihrem Beitrag namens Growing Matter(s) die Unberechenbarkeit der Natur zu präsentieren. Gesetztes Ziel war es, den Besucher*innen eine neue Perspektive auf die Architekturästhetik zu eröffnen: Eine, die Variation, Verfall und Transformation berücksichtigt.

Ein nachhaltiges Design 

Im gesamten Prozess sowie der Ausführung setzte das Team Wert auf eine gänzlich umweltschonende Gestaltung. Bei Myzel funktioniert das problemlos, denn es wächst aus organischen Abfällen, benötigt kaum Ressourcen und zerfällt am Ende seines Lebenszyklus auf natürliche Weise. Doch auch beim Gerüstbau achtete das Team darauf, Ressourcen zu sparen: Die filigrane Struktur, eigens für die Milan Design Week entworfen, wurde geliehen und von Beginn an für eine einfache Demontage konzipiert. Nach dem Ausstellungsende am 20. April ist sie erneut einsetzbar.