Reduzierte Architektur mit sozialem Mehrwert: Über das ortssensible Büro Sophie & Hans

Das 2019 gegründete Architekt*innen-Duo aus Berlin schafft Installationen und Orte mit Fokus auf das öffentliche Leben. Wir werfen in unserer Reihe #StudioUnderConstruction einen Blick auf ihre Hintergründe, Gründungsgeschichte und Arbeitsweise.

Sie studierten in London, bauten in New York und Shanghai – und errichteten als Startschuss ihrer Gründung erstmal ein Gartenhaus in Deutschland. Wie kam es dazu? Sophia Tang und Hans-Christian Buhl gründeten 2019 nach zahlreichen internationalen Erfahrungen ihr Architekturbüro Sophie & Hans in Berlin. Vom Aussichtsturm auf einer Ostseeinsel bis zur Installation im Stadtraum – zu ihren Projekten zählen Objekte und Räume für vielfältige Zwecke. Ihr Antrieb: lebendige Orte mit besonderem Fokus auf das öffentliche Leben schaffen. Zuletzt realisierten die beiden das Café Leo im Berliner Wedding – ein Ort für niederschwelliges Zusammenkommen.

#StudioUnderConstruction wirft einen Blick auf Entstehungsgeschichten, Projekte und Philosophien von Architekturbüros, die ihre Gründung innerhalb der letzten fünf Jahre vollzogen haben  oder mittendrin stecken. Eine Reihe von und für Newcomer*innen.

Internationale Backgrounds

Sophie, die in China geboren und in Amerika aufgewachsen ist, erlangte zuvor ihren Bachelor-Abschluss in Syracuse, New York. Hans studierte erst in Regensburg. Beide lernten sich in London kennen, wo sie ihren Master an der Architectural Association absolvierten. Sie sammelten Erfahrungen in großen Büros wie David Chipperfield oder dem Studio Heatherwick und arbeiteten auf anspruchsvollen Baustellen in Shanghai, Peking, London und schließlich Berlin.

Das erste eigene Projekt

Die Gründung von Sophie & Hans wurde durch ein glückliches Ereignis angestoßen: In ihrer neuen Wahlheimat Berlin renovierten sie gemeinsam in Eigenregie eine heruntergekommene Wohnung. Die Umgestaltung weckte das Interesse eines Nachbarn, der den beiden Architekt*innen das erste Projekt vermittelte – die Gestaltung eines Gartenhauses. Dies motivierte das Duo, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

Mixed Methods

Während ihrer Tätigkeit für das Studio Heatherwick in Shanghai erlebten sie die besonderen Herausforderungen der Architekturarbeit in einem extrem schnelllebigen Umfeld. Diese Zeit hat ihr Interesse an der Auseinandersetzung mit computergestütztem Design und Programmierung geweckt. Sie entwickelten eine Neugier für innovative Entwurfsprozesse. Selbst sagen sie, sie schaffen neue Tools mit alten Techniken. Dabei setzen sie bewusst auf ein experimentelles, digitales Design, das traditionelle Entwurfsmethoden hinterfragen und sie gleichzeitig integrieren soll.

Ein Beispiel dafür ist ihr erster Wettbewerbsgewinn: der Entwurf für einen Aussichtsturm auf Fehmarn. Die Konstruktion des mit Holzschindeln bedeckten Turms besteht aus einem Holzskelett, dessen gekrümmte Bauteile per CNC-Technik hergestellt wurden. Er verkörpere die Vision des Büros einer nachhaltigen und digitalen Architektur. Mit einer einfachen Konzeptskizze kamen sie im Wettbewerb in die zweite Runde ehe sie ihn schließlich gewannen.

Sensibler Umgang mit dem sozialen Raum

Seit ihrer Gründung haben sie sowohl kleinere Bauprojekte als auch internationale Wettbewerbe betreut. Nunmehr zeichnet sich das Büro durch Projekte aus, die reduzierte Architektur mit städtebaulichem Mehrwert verbinden und ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung von Sozialräumen legen. So auch das Projekt Café Leo, realisiert 2023 in Berlin-Wedding: Ein 40 Quadratmeter großer Pavillon, der auf dem Leopoldplatz direkt neben der Schinkel-Kirche als Treffpunkt und Gemeinschaftsort dient. Das Design entstand im Auftrag der gemeinnützigen Organisation WendePunkt, die soziale Unterstützung für die lokale Gemeinschaft bietet. Dabei soll das Café nicht nur kulinarische Angebote wie Kaffee und Snacks bereitstellen, sondern auch als Knotenpunkt für soziale Initiativen dienen. Hier finden Aktivitäten wie Sprachkurse, Familienhilfe und Freizeitgruppen statt, die vor allem die Einwanderer*innengemeinschaft und Anwohner*innen ansprechen. Die Gestaltung des Pavillons zeichnet sich durch eine filigrane Holzstruktur und durchgehende Glasfassaden aus, die Transparenz und Offenheit symbolisieren sollen. Für das Büro war dieses Projekt eine Herzensangelegenheit, da es nicht nur in unmittelbarer Nähe zum eigenen Büro liegt, sondern auch tief im sozialen Gefüge des Stadtteils verankert ist. Die Architekt*innen investierten dabei selbst erheblich in die Realisierung des Projekts, das aufgrund seiner Größe wenig finanzielle Rendite brachte. Dennoch spiegelt es ihre Vision wider, mit Architektur soziale Werte und Gemeinschaft zu fördern. Für das Team ein Modellprojekt, das zeigt, wie kleine, persönliche Projekte eine große gesellschaftliche Wirkung entfalten können.