Learning by Doing: ifi in der Findungsphase
Wie geht man erste Projekte an, wenn die Erfahrung noch fehlt? Samuel Hölscher wagte sich nach seinem Bachelor in Architektur an sein erstes eigenes Projekt. Anfang des Jahres gründete er das Berliner Studio ifi.
Nach dem Kinematografie-Studium an der Filmuniversität Babelsberg studierte Samuel Hölscher Architektur an der Universität der Künste Berlin (UdK). Mit zwei Bachelorabschlüssen, einem Jahr Praxiserfahrung als Praktikant und Werkstudent sowie der Unterstützung zweier Studienfreund*innen wagte er sich letztes Jahr an sein erstes Projekt. Unter dem Motto „Einfach mal machen!“ mieteten sie einen Arbeitsraum in Berlin-Moabit an und legten mit der Planung los. Aus dem damals dreiköpfigen Team entstand das ifi – kein klassisches Architekturbüro, sondern ein von Samuel geleitetes Studio in der Findungsphase.
#StudioUnderConstruction wirft einen Blick auf Entstehungsgeschichten, Projekte und Philosophien von Architekturbüros, die ihre Gründung innerhalb der letzten fünf Jahre vollzogen haben – oder mittendrin stecken. Eine Reihe von und für Newcomer*innen.
Vom „freien Projekt“ zur Baustelle
Die Reise zum eigenen Studio begann bereits im Studium. Samuel, damals im sechsten Fachsemester, machte sich für den Erhalt eines im Familienbesitz befindlichen Stalls in Schleswig-Holstein stark. Er war davon überzeugt, die als Neubau geplante Sozialwerkstatt könne auch im vorhandenen Gebäude entstehen. Er übernahm die Planung und entwarf im Rahmen eines „freien Projekts“ an der UdK ein Konzept zur Umgestaltung. Den entsprechenden Bauantrag stellte er mit Unterstützung einer erfahrenen Architektin. Dann ging alles ganz schnell: Bachelorabschluss, ifi-Gründung, Baustellenstart. Gemeinsam mit dem befreundeten Team von belwerk kollektiv entfernten sie marode Dächer, stützten Mauerwerke ab und führten eine Unterfangung durch. Freiwillige des internationalen Bauordens halfen bei der Mauerwerksrestaurierung.
Samuel weiß, dass das ifi wegen geringer Erfahrungswerte auf Unterstützung und Engagement angewiesen ist. Im Gegenzug bietet er Neugierigen einen Rahmen, praktische Erfahrungen zu sammeln. So fand sich für das zweite Projekt, den Umbau eines Einfamilienhauses nahe Dresdens, rasch eine Gruppe engagierter Architekturstudierenden.
Schritt für Schritt zu mehr Fachwissen
Samuel beschreibt das ifi als einen dynamischen Ort, an dem motivierte Menschen zusammenkommen und ausprobieren. Die Teamgröße kann dabei stark variieren. In jedem Projekt stellen sich die Beteiligten gemeinsam neuen Herausforderungen und holen sich die nötige Expertise von Fachleuten ein. So gehören neben intensiver Recherche auch lange Telefonate mit Handwerker*innen, erfahrenen Architekt*innen und Bauingenieur*innen zu ihrem Arbeitsalltag. Das sei zwar wahnsinnig anstrengend, aber auch aufregend.
Verständnis und Wertschätzung
Inzwischen leitet Samuel drei Umbauprojekte und studiert seit Oktober im Master Architektur an der UdK. Auch jetzt nutzt er den akademischen Rahmen wieder als zusätzliche Unterstützung für seine planerischen Tätigkeiten. Im Entwurfsprozess achtet das ifi-Team darauf, die Bestandsgebäude respektvoll zu behandeln und selbst auf der Baustelle mit anzupacken. So vertiefen sie ihr Verständnis für das Projekt und lernen, den Bestand noch mehr zu schätzen, weil sie erfahren, wie mühsam es ist, eine Wand abzureißen, erklärt Samuel. Die Umbauprozesse dokumentiert er in kurzen Videos und verbindet so seine Leidenschaften für Filmkunst und Architektur. Auch wenn das ifi bislang mit Bestandsgebäuden arbeitet, gibt es sich zukünftigen Neubauprojekten offen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass der Erhalt von Bestandsgebäuden wichtig ist, aber nicht immer die beste Lösung bietet.