Welche zeichnerischen Darstellungsmethoden gibt es in der Architektur?

09.01.2023

Jasmin Rettinger aus der Campus Redaktion antwortet

Die Zeichnung gehört zu den wichtigsten Werkzeugen der Architektur. Sie dient jedoch nicht nur als Ausdrucksmittel von Ideen, sondern auch als Hilfsmittel im Entwurfsprozess. Welche Arten der Zeichnung gibt es eigentlich, und was muss bei den einzelnen Formen beachtet werden? Wir verschaffen euch einen Überblick.

Zeichnerische Methoden

Ob Grundriss und Schnitt, Rendering, Detailzeichnung oder Explosionsaxonometrie: Für jeden Entwurf muss aufs Neue entschieden werden, welche Zeichnungen nötig sind, um diesen umfänglich zu beschreiben. Was ihr darstellt und wie ihr es darstellt, ist immer auch eine Aussage über den Entwurf. Der Stil eurer Zeichnungen kann bereits etwas über die spätere Ausführung verraten. Egal, ob von Hand oder am Computer gezeichnet: Es kommt vor allem auf Klarheit und Lesbarkeit an. Eine gute Zeichnung hat mehrere Ebenen: Das Wesentliche springt direkt ins Auge, Details werden erst bei näherer Betrachtung sichtbar. Diese Ebenen können mit verschiedenen Linienstärken deutlich gemacht werden. Für zusätzliche Tiefe können Texturen, Farben und Schatten eingesetzt werden. Der Entwurfsstand bestimmt den Maßstab und somit den Detaillierungsgrad einer Zeichnung: Je weiter fortgeschritten der Entwurf, desto größer der Maßstab und detaillierter die Zeichnung. Beim Bauen im Bestand solltet ihr zudem zwischen Bestand, Abriss und Neubau differenzieren und diese deutlich kennzeichnen.

Handskizzen

Während des Entwurfsprozesses bietet es sich an, mit schnellen Handskizzen zu arbeiten. Dabei kommt es keineswegs auf Perfektion oder Schönheit an. Vielmehr sollten die Skizzen euch helfen, Ideen auszutesten und zu kommunizieren. Dreidimensionale Zeichnungen wie Perspektiven können dabei genauso nützlich sein wie zweidimensionale Grundrisse oder Schnitte. Grundsätzlich gilt: Was immer hilfreich ist, ist erlaubt. Skizzen, die die Entwurfsidee besonders gut beschreiben, sollten aufgehoben werden, um den Entwurfsprozess zu dokumentieren. Sie können später ein bereichernder Zusatz in Präsentationen oder Veröffentlichungen sein.

Zweidimensionale Zeichnungen

Grundlage eines jeden Entwurfes sind Grundrisse, Schnitte und Ansichten im Maßstab 1:200, 1:100 oder 1:50 (je nach Entwurfsfortschritt). Grundrisse bilden geschossweise die horizontale Organisation des Gebäudes ab. Schnitte dienen dazu, die vertikalen Zusammenhänge eines Gebäudes zu verdeutlichen. Ihre Position sollte klug gewählt werden, sodass einige wenige ausreichen, um das Gebäude zu beschreiben. Oft genügen ein Quer- und ein Längsschnitt. Schließlich zeigen Ansichten die Fassaden eines Gebäudes. Bei allen Zeichnungen sollte die Umgebung des Entwurfs, also zum Beispiel umliegende Gebäude oder Bäume, nicht vergessen werden. So wird das eigene Gebäude kontextualisiert. Neben den grundlegenden Entwurfszeichnungen bedarf es deshalb auch einer städtebaulichen Einordnung. Hierzu werden vorrangig Lagepläne, Karten und Schwarzpläne (Maßstab 1:500 bis 1:5000) angefertigt.

Dreidimensionale Zeichnungen

Während zweidimensionale Zeichnungen das Rückgrat eines jeden Entwurfs sind, veranschaulichen dreidimensionale Zeichnungen das Projekt noch weiter. Bei Axonometrien bzw. Parallelperspektiven verlaufen alle Tiefenlinien parallel zueinander. Diese Darstellungsmethode eignet sich gut dafür, Gebäude in ihrer Gesamtheit oder auch einzelne Ausschnitte präzise darzustellen. Sie sind oft einfacher lesbar als Grundrisse oder Schnitte. Man unterscheidet zwischen Grundrissaxonometrien bzw. Militärperspektiven, Ansichtsaxonometrien bzw. Kavalierperspektiven und Isometrien. Letztere sind bei der Architekturdarstellung besonders beliebt. Neben Axonometrien gibt es Fluchtpunktperspektiven, bei denen alle Tiefenlinien auf ein, zwei oder drei Fluchtpunkte zulaufen. Diese Art der Zeichnung wird in der Architektur meist verwendet, um die Atmosphäre eines Gebäudes zu verbildlichen. Fotorealistische Renderings sind in der Arbeitswelt gang und gäbe, erfordern jedoch relativ viel Expertise im Umgang mit den benötigten Programmen. Aus diesem Grund erfreuen sich im Studium Collagen großer Beliebtheit. Den Detail- und Abstraktionsgrad könnt ihr hier freier bestimmen. Eine weitere nennenswerte Alternative stellen Modellfotos dar, obgleich es sich hierbei nicht um eine zeichnerische Methode handelt.

Das richtige Programm

Nach den ersten Semestern Handzeichnen steht man vor einer neuen Herausforderung: das Zeichnen am Computer. Welche Software wofür am besten geeignet ist, kann variieren. Scheut euch nicht davor, viel auszuprobieren. Für die Architektur besonders relevant sind sogenannte CAD-Programme („computer-aided design“), bei denen ihr zwischen 2D- und 3D-Funktionen auswählen könnt. Für viele CAD-Programme gibt es integrierte Rendering-Plugins. Ihr seid jedoch keineswegs auf CAD beschränkt: Programme für Vektorgrafiken und Bildbearbeitung sind ebenso nützlich. Wichtig ist, dass ihr auf Kompatibilität achtet, wenn ihr zwischen den einzelnen Programmen wechselt. Teamfunktionen ermöglichen die Zusammenarbeit mit euren Kommiliton*innen an einer Datei. Das ständige Hin- und Herkopieren von unterschiedlichen Arbeitsschritten wird damit überflüssig.

Der eigene Stil

Wie bei allem gilt auch beim Zeichnen: Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden. Durchblättert Bücher, legt bei den gängigen Plattformen Moodboards an, schaut bei euren Kommiliton*innen ab. Nach und nach werdet ihr einen eigenen Stil finden. Es spart viel Arbeit, sich die richtigen Linienstärken für den richtigen Maßstab zu merken, Farbpaletten wiederzuverwenden oder eine Staffagesammlung anzulegen. Scheut euch nicht, Tutorials anzusehen oder eure Mitstudierenden um Hilfe zu fragen. So werdet ihr von Semester zu Semester schneller, und eure Zeichnungen werden immer professioneller aussehen.