#ToBeContinued: Tragende Lehmsteine - Made in Berlin

Hochfeste Lehmsteine aus den Böden Berlins und Brandenburgs herstellen – Dieses Ziel setzten sich Christian Gräth und Micha Kretschmann für ihre Masterarbeit. Heute forschen die beiden als Wissenschaftliche Mitarbeiter am Bauhaus Erde. Die Leidenschaft für Lehm ist geblieben.

Die Region Berlin und Brandenburg wurde aufgrund ihrer sandigen Böden als Streusandbüchse bezeichnet. Können solche Böden hochfeste Lehmsteine hervorbringen? Dieser Frage gingen Christian Gäth und Micha Kretschmann im Rahmen ihrer Masterarbeit auf den Grund, die sie am NBL (Natural Building Lab) der TU Berlin absolvierten. Betreut wurde die Abschlussarbeit von Prof. Eike Roswag-Klinge vom NBL und V.-Prof. Alexander Stumm von der BTU Cottbus. Parallel zur Masterarbeit hat Christian als studentischer Mitarbeiter bei der gemeinnützigen Organisation Bauhaus Erde mitgewirkt. Aus dieser Tätigkeit hat sich die Möglichkeit ergeben, die Abschlussarbeit in einen Forschungsstrang einzubetten. Als die Zusage zur Förderung kam, hat auch Micha eine Position bei der Organisation erhalten.

#ToBeContinued präsentiert Abschlussprojekte, die eine Geschichte erzählen: Konzepte, die weiterentwickelt und umgesetzt wurden und den Absolvent*innen einen erfolgreichen Berufseinstieg ermöglicht haben.


Internationale Praxis in lokalem Maßstab

Christian und Micha begreifen ihre Masterarbeit als „eine Art Transferleistung von internationalen und historischen Vorkenntnissen in den zeitgenössischen, lokalen Kontext“. In der internationalen Praxis werden Lehmsteine häufig mit Zement stabilisiert, um eine höhere Witterungsbeständigkeit zu erzielen. Die Erfahrung haben die beiden bei ihrer Mitarbeit im Kollektiv Studio Suddo Neuve gemacht, das unter anderem gepresste Lehmsteine für mehrgeschossige Bauten im urbanen Kontext Senegals hergestellt hat. Diese Beigabe wirkt sich jedoch negativ auf die Recyclingfähigkeit und Atmungsaktivität der Steine aus. Daher haben sich Christian und Micha für ihre Masterarbeit zum Ziel gesetzt, den Baustoff ungebrannt und ohne weitere Bindemittel zu verarbeiten. 


Mit dem Fokus auf die Region Berlin-Brandenburg erforschten sie das Potenzial von gepressten Lehmsteinen im Hinblick auf eine tragende Anwendung. In einer regionalen Analyse nahmen sie dafür zuerst das Material unter die Lupe. In den Labortests kam heraus, dass sich der lehmige Aushub aus einer Baugrube in Berlin-Marzahn für den angestrebten Zweck am besten eignet. Aus dem Material pressten sie etwa 250 Lehmsteine, aus denen sie wiederum eine Testwand errichteten. Auf diese Weise konnten sie demonstrieren, dass sich aus den lokalen Ressourcen Steine herstellen lassen, die die Anforderungen an tragende Lehmsteine erfüllen.

Von der Masterarbeit über die Förderung zur Zulassung

Als die beiden Studenten das Vorhaben für ihre Masterarbeit dem Team von Bauhaus vorstellten, ergab sich die Möglichkeit, die Arbeit in einen Forschungsantrag einzugliedern. Nachdem die Förderung zugesagt wurde, konnten die beiden als Teil eines größeren Forschungskolloquiums ihre Abschlussarbeit mit der Förderung von Bauhaus Erde verbinden. Das Projekt wurde unterstützt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt sowie vom Brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Die Bodenproben untersuchten sie am Fachbereich für Grundbau und Bodentechnik der TU Berlin. Die Prüfung der Steine konnte am dortigen Institut für Bauingenieurswesen erfolgen.


Einige Wochen nach dem Abschluss haben Christian und Micha eine Zulassung für ihre Lehmsteine und für den Lehmmauermörtel, den sie entwickelt haben, erhalten. Zur Herstellung der Steine werden sie den Baustellenaushub von einer Berliner Großbaustelle verwenden. Die so produzierten Steine wollen sie bei Bauhaus Erde in Zusammenarbeit mit einem Recyclingunternehmen für mineralische Abfälle erstmalig zur Anwendung bringen. Das erklärte Ziel ist die Erarbeitung einer Strategie zur systemischen Integration des Baustoffes in existierende Stoffströme.