#StudioReport: Helsinki, München und Wien

In unserer News-Reihe „Studio-Report“ berichten Studierende verschiedener Architekturhochschulen über ihren Uni-Alltag und die Arbeits-, Lehr- und Lernsituation an ihrer Fakultät. In der dritten Ausgabe hat unsere Redaktion Stimmen aus Helsinki von der Aalto University, aus München von der Akademie der Bildenden Künste und der Universität für angewandte Kunst in Wien eingefangen.

Architekturstudent*innen verbringen einen Großteil des Studiums in den Studios und Ateliers ihrer Fakultät. Nachdem dies pandemiebedingt für einige Zeit kaum möglich gewesen ist, ist bei vielen nachdrücklich das Bewusstsein dafür gestiegen, wie prägend diese Räume doch sind. Das bezieht sich freilich nicht nur auf das Lernen, Planen und Schaffen von Architektur, sondern auch auf den sozialen Raum und die damit verbundenen Erfahrungen: Hier wird Gelungenes gefeiert, es werden Misserfolge verarbeitet, gemeinsam Nächte durchgemacht, voneinander gelernt, einander inspiriert und unterstützt – eine enge Community kann dabei entstehen, und der Arbeitsraum wird für einige zum Wohnzimmer. Diese vielschichtigen Arbeitsräume der Fakultäten unterscheiden sich untereinander von Standort zu Standort. Um einen Einblick zu gewähren, wie sich der Arbeitsalltag an den unterschiedlichen Schulen gestaltet, hat baunetz CAMPUS Studierende in ganz Europa befragt und die Ergebnisse im Vergleich gegenübergestellt. Thematisch schließen wir mit dieser fortlaufenden Reihe an unsere Focus-Ausgabe „Alternative Architekturschule“ an.

Wie viele Stunden pro Woche verbringt ihr in eurem Studio/Atelier? Wie viel Zeit arbeitet ihr im Gegensatz dazu zu Hause oder außerhalb der Hochschule?

Aalto University Helsinki: „An der Aalto University liegt während des Studiums ein Fokus auf den Design-Studios. Die Studios sind mit 12 Credit-Points auch die zeitintensivsten Kurse. Auch wenn es nur einen festen Studio-Tag pro Woche gibt, verbringt man die meiste Zeit an der Uni im Studio. Das Design-Studio ist schließlich der zentrale Ort für das Architekturstudium an der Aalto University. Ich persönlich ziehe es vor, täglich ins Studio zu kommen, auch wenn ich an anderen Projekten arbeite. Die offene Atmosphäre und die Leute dort machen es zu einem angenehmen Ort zum Studieren. Zu Hause arbeite ich nur selten. Ab und zu für wenige Stunden am Abend und vornehmlich nur, wenn es sich nicht um eine Gruppenarbeit handelt. An der Aalto University gibt es aber auch viele andere Räume, in denen gearbeitet werden kann. Dazu zählen zum Beispiel die großen Lichthöfe des Väre-Gebäudes.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Das ist je nach Studio und Student*in unterschiedlich, im Schnitt vermutlich zwischen 40 und 60 Stunden – mit Ausreißern in beide Richtungen.“

Akademie der Bildenden Künste München: „40 bis 50 Stunden im Studio und 5 bis 10 Stunden zu Hause.“

Finden weitere Aktivitäten neben der Arbeit an den Entwürfen im Arbeitsraum statt – gemeinsame Mahlzeiten, Partys, Treffen, Verabredungen, Termine usw. ?

Aalto University Helsinki: „Im Studio herrscht eine entspannte Atmosphäre, dennoch handelt es sich lediglich um einen Arbeitsraum. Für kleine Snacks kann man sich schon mit Freunden an einen Tisch setzen, aber größere Treffen oder Partys finden hier nicht statt. Teilweise wird das Studio auch für Präsentationen und Vorlesungen genutzt.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Auch wieder je nach Person unterschiedlich, der Großteil arbeitet aber oft in den Studios. Da die meisten Student*innen sowohl mittags als auch abends an der Universität sind, wird bei Gelegenheit auch in kleineren Gruppen zusammen gegessen. Partys in den Studios sind selten, aber kommen vor. Ein Semester lang wurde in unserem Studio noch regelmäßig von einer Person Haare geschnitten – ein Service, der dann durchaus öfters in Anspruch genommen wurde.

Akademie der Bildenden Künste München: „All of the above.“

Wie ist der Austausch innerhalb der Studios – unter den Studierenden und mit den Lehrenden? Wird der Austausch durch die architektonische Gestaltung der Räume begünstigt?

Aalto University Helsinki: „Auf dem Campus sind die verschiedenen Studios in ganz unterschiedlichen Gebäuden untergebracht. Je nach Entwurf kann es auch sein, dass kein fester Studioplatz angeboten wird. In diesem Fall gibt es die Möglichkeit, in der „Architecture Homebase“ zu arbeiten. Der „Wood Studio“-Kurs hat einen eigenen Arbeitsraum direkt über der Werkstatt. Austausch zu den anderen Studierenden ist trotzdem immer da, weil der Campus übersichtlich ist und man sich oft beispielsweise in der Mensa trifft. Der Kontakt zu den Lehrenden ist sehr locker, und es ist selbstverständlich, dass man sich mit Vornamen anspricht. Dies liegt vielleicht jedoch eher an der lockeren finnischen Art als an der Architektur der Studios.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Man kennt sich, der Austausch ist allerdings deutlich geringer, als er sein könnte. Die meiste Zeit arbeiten die Student*innen der jeweiligen Studios in ihren Räumen und bleiben leider häufig unter sich.“

Akademie der Bildenden Künste München: „Wir haben nur ein Studio und einen Raum, den wir uns jedes Semester neu einrichten. Irgendwo zwischen Küchenzeile, Sofas, Tischen und Stühlen reden wir über Architektur.“

Gibt es in deiner Fakultät eine räumliche Besonderheit des Gebäudes, in dem die Architekturlehre stattfindet? 

Aalto University Helsinki:  „Wie bereits beschrieben, findet die Architekturlehre in unterschiedlichen Gebäuden statt. Bei dem „Wood-Studio“ ist jedoch die Verbindung mit der Werkstatt von sehr großer Bedeutung. Es gibt einen starken Fokus auf den Modellbau. Dadurch, dass eine Werkstatt, die diesen auch in großem Maßstab ermöglicht, sich direkt unter dem Studio befindet, können Erkenntnisse aus dem Modellbau besser in den Entwurf eingebracht werden. Allgemein ist an der Aalto University besonders, dass es eine Vielfalt an verschiedenen Arbeitsplätzen gibt. Größere Lichthöfe, aber auch kleine private Räume stehen zur Verfügung. Alle können so lernen und arbeiten, wie es ihnen am besten passt.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Nein.“

Akademie der Bildenden Künste München: „Alle Klassen öffnen sich auf einen großen, hohen, hellen Gang.“

Wo befinden sich die Studio-Räume an der Fakultät? Wie erreicht man sie? Findet an deiner Fakultät die Entwurfslehre zentral oder über den kompletten Campus verteilt statt?

Aalto University Helsinki: „Die Entwurfslehre findet über den ganzen Campus verteilt statt. Es gibt Studios für bestimmte Entwürfe (z. B. das „Wood-Studio“), aber es gibt auch die Möglichkeit, in großen, gemeinschaftlich genutzten Räumen wie der „Architecture Homebase“ zu arbeiten.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Die Entwurfslehre findet ausschließlich in den Studios und den zur Architekturfakultät gehörenden Räumen statt, die sich über zwei Etagen verteilt in einem Bau aus den 1970er-Jahren (?) befinden.“

Akademie der Bildenden Künste München: „Zur großen Eingangstür zwischen den Pferden aus Metall hinein, rechts die Treppe hoch, wieder rechts den langen Gang hinunter, rechts um die Ecke und die erste Tür links. Die Entwurfslehre findet zentral in der Klasse statt.“

Was schätzt du an eurem Arbeitsraum am meisten, und was würdet ihr ändern wollen? Welche Qualitäten weist das ideale Studio/Atelier auf?

Aalto University Helsinki: „Der Studio-Raum ist super, er hat viel natürliches Licht und ist ausreichend groß. Es stehen PCs zur Verfügung, die alle nutzen können, aber auch genug Tische zum Zeichnen und Arbeiten. Nur, dass das Studio sehr sauber und aufgeräumt ist, finde ich etwas ungewöhnlich. Natürlich hat das auch seine Vorteile. Ideal wäre ein Studio, in dem man auch Dreck machen kann und ein kreatives Chaos entsteht. Da sich die Werkstatt, in der man etwas chaotischer sein darf, gleich darunter befindet, funktioniert es aber trotzdem ganz gut.“

Universität für angewandte Kunst Wien: „Wir haben für eine geringe Anzahl an Student*innen recht viel Platz pro Person verfügbar. Dafür sind die Räumlichkeiten eher steril und erinnern an ein Großraumbüro. Leider ist die Lichtsituation für das Arbeiten bei Nacht nicht optimal.“

Akademie der Bildenden Künste München: „An guten Tagen wird das Klassenzimmer zum erweiterten Wohnzimmer. Es füllt sich schleichend mit Plänen, Modellen und Bierflaschen – eine Ansammlung, die in den letzten Semesterwochen vielleicht als Chaos bezeichnet werden könnte.“