Architekturträume: KI zwischen Kunst und zirkulärem Bauen

Wie können wir gemeinsam mit Maschinen entwerfen? Vanessa Schwarzkopf widmete ihre Masterarbeit an der Leibniz Universität Hannover dem Potenzial von Künstlicher Intelligenz im Entwurfsprozess. Heute forscht sie dazu an der ETH Zürich.

Im Entwurfsprozess greifen Planende auf ihr persönliches Referenzarchiv zurück, aus dem sie schöpfen, Inspirationen ziehen und Lösungen ableiten. Was kenne ich? Woran erinnere ich mich? Vanessa Schwarzkopf hat in ihrem Masterprojekt mit dem Titel „Dreaming Architecture“ an der Leibniz Universität Hannover untersucht, welche Rolle Künstliche Intelligenz (KI) in dieser ersten Phase des Entwurfs übernehmen kann. Ihre Abschlussarbeit wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet und hat ihr den Weg in die Forschung geebnet. Heute forscht sie an der ETH Zürich am Lehrstuhl Circular Engineering for Architecture (CEA) von Prof. Catherine De Wolf an der Schnittstelle von KI und zirkulärer Architektur.

#ToBeContinued präsentiert Abschlussprojekte, die eine Geschichte erzählen: Konzepte, die weiterentwickelt und umgesetzt wurden und den Absolvent*innen einen erfolgreichen Berufseinstieg ermöglicht haben.


Unentdeckte Kreativität

Vanessa Schwarzkopf hat ihre Masterarbeit abgegeben, kurz bevor ChatGPT veröffentlicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Möglichkeit, Bilder per Texteingabe zu generieren. Stattdessen hat sie das Potenzial von sogenannten „Generative Adversarial Networks“ (GAN) untersucht – einem Machine-Learning-Modell, bei dem zwei künstliche neuronale Netzwerke gegeneinander ausgespielt werden, um möglichst echt wirkende Daten zu erzeugen. Das eine Netzwerk – der Generator– generiert Daten, die den echten sehr ähneln. Das zweite Netzwerk – der Diskriminator – verbessert die Ergebnisse, indem es die generierten Bilder mit dem ursprünglichen Datenset vergleicht und bewertet.

Was nach Science-Fiction klingt, findet bereits in der Bildenden Kunst Anwendung. Beispielsweise hat der US-amerikanische Künstler und Grafikdesigner Robbie Barrat ein solches Modell mit Bildern von Fashion Shows des Modelabels Balenciaga trainiert. Das Ergebnis: eigenwillige und doch neuartige Outfits im Stile der spanischen Marke. Die KI erkannte dabei nicht, dass die Runway-Models Taschen in der Hand halten und sie kurzerhand am Schienbein befestigt. Dieses kreative Potenzial von KI hat Vanessa Schwarzkopf für die Architektur erkundet. Was passiert, wenn wir Maschinen von architektonischen Elementen, Bildern und Darstellungen träumen lassen? Dabei interessierte sich die Wissenschaftlerin nicht für ein möglichst präzises Abbild des eingespeisten Datensatzes, sondern für die Graustufen dazwischen: surreale, nahezu abstrakt wirkende Kapitelle, grafisch anmutende Fassaden und Innenräume, die als solche fast nicht mehr zu identifizieren sind.

Planung oder Forschung?

Während ihres Studiums war Vanessa Schwarzkopf als Tutorin und studentische Forschungsassistenz unter anderem am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre bei Prof. Marieke Kums und Prof. Hilde Léon sowie am Institut für Gestaltung und Darstellung bei Prof. Tobias Nolte tätig. Nach ihrem Abschluss setzte sie ihre Lehr- und Forschungstätigkeit am Lehrstuhl von Prof. Marieke Kums kurzzeitig fort und arbeitete ebenfalls in einem Büro für Szenografie. Letztendlich stand sie vor der Entscheidung, weiterhin an Integration von KI im Entwurfsprozess zu forschen oder in die Planung zu gehen und ihr Wissen in der Praxis anzuwenden. Bei Bewerbungsgesprächen wurde ihr klar, dass das Thema begleitende Forschung benötigt. Seit Anfang 2024 lehrt und forscht sie an der ETH Zürich.


KI und zirkuläres Bauen

In ihrer neuen Position an der ETH Zürich möchte Vanessa Schwarzkopf ihre Interessen KI und Zirkuläre Architektur miteinander verbinden. Sie forscht an der Schnittstelle von Kunst, Architektur und Technologie und geht unter anderem der Frage nach, wie generative KI im Entwurfsprozess von zirkulärer Architektur eingesetzt werden kann. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin bereitet sie derzeit ihre Promotion vor und strebt danach an, als Postdoktorandin weiterhin im universitären Kontext tätig zu sein. Ihre Zukunftsvision ist es, ihre Kenntnisse im Bereich der generativen KI für das zirkuläre Bauen langfristig auszubauen. Dafür ist es wichtig, zwischendurch innezuhalten und sich das große Ganze vor Augen zu führen, dem man seine Arbeit widmen möchte.