Studentische Prodekanin: Chantal Keyvork über ihren Blick hinter die Kulissen ihrer Hochschule
Was macht eigentlich eine studentische Prodekanin? Chantal Keyvork bekleidet dieses Amt an der Münster School of Architecture (MSA). Welche Aufgaben zu dieser Rolle gehören, was sie daraus gelernt hat und was sie an ihrer Hochschule erreichen möchte, erzählte sie uns im Gespräch.
Du bist studentische Prodekanin an der Fachhochschule Münster – eine besondere Rolle. Könntest du kurz umschreiben, welche Aufgaben damit verbunden sind? Wie sieht dein Alltag als Prodekanin aus?
Die studentische Prodekanin ist neben der Dekanin und dem Prodekan eine wichtige Position an der Münster School of Architecture. Wie die anderen Mitglieder der Fachbereichsleitung trage ich eine große Verantwortung. Gemeinsam treffen wir zu dritt Entscheidungen, die den Hochschulalltag am Fachbereich und darüber hinaus betreffen – immer auf demokratischer Basis. Es ist ein Privileg, in dieser Position sowohl die Interessen der Studierenden als auch eigene Anliegen aktiv zu gestalten. Besonders wichtig ist für mich das Mitwirken an der Umsetzung von Projekten.
Mein vollständiger Titel lautet „Studentische Prodekanin für Öffentlichkeitsarbeit“. Das bedeutet, dass ich sowohl für die interne als auch für die externe Kommunikation verantwortlich bin. Meine Aufgaben sind vielfältig und hängen von meinem eigenen Engagement ab. Sie reichen von der Planung des Sommerfests bis hin zu Berufungsverfahren für neue Professuren. Ein umfangreiches Projekt, an dem wir aktuell arbeiten, ist die ANNUAL, unsere Jahresausstellung, die 2025 stattfinden wird. Da die Ausstellung im letzten Jahr pausierte, habe ich die Initiative ergriffen, sie gemeinsam mit den Studierenden neu zu organisieren. Dabei geht es um die Ideenfindung, den Entwurf der Veranstaltung und letztlich auch um die Umsetzung.
Insgesamt ist mein Alltag sehr abwechslungsreich. Je flexibler und spontaner man ist, desto besser kann man diese Rolle ausfüllen. Ich schätze es, nicht in festen Strukturen arbeiten zu müssen, sondern mich in verschiedene Richtungen entwickeln zu können. Diese Position gibt mir die Freiheit, eigene Akzente zu setzen und mit den Aufgaben zu wachsen.
Was sind deine bisherigen Learnings? Welche Erfahrungen, die dir deine Position ermöglicht hat, schätzt du besonders?
Es ist wichtig, den Überblick zu behalten, da man für viele Bereiche mitverantwortlich ist. Es gilt, die Balance zwischen sorgfältiger Planung und humorvoller Flexibilität zu halten. Fehler passieren und dürfen passieren – oft lassen sie sich mit einfachen Lösungen beheben. Besonders bei Großveranstaltungen gelassen zu bleiben (soweit es geht, denn ehrlich gesagt klappt das nicht immer), hat mich gelehrt, auch im Studium mit stressigen Situationen gelassener umzugehen.
Jetzt erlebe ich die Hochschule aus einer ganz anderen Perspektive, da ich nicht nur als Studierende, sondern auch als Mitwirkende hinter die Kulissen blicken kann. Hier wird besonders deutlich, wie wertvoll Engagement ist. Schon vor meiner Wahl war ich sehr engagiert, und ich glaube, dass mir das in dieser Position enorm hilft.
Was ist dein persönlicher Zugang zu der Rolle? Was nimmst du dir für die Zukunft vor und was würdest du gerne an deiner Hochschule erreichen?
Vor meiner Wahl war ich Mitgründerin des architekturforum.münster und habe die dort gesammelten Erfahrungen in meine Arbeit als Prodekanin eingebracht. Im Forum hat mich der gesellschaftliche Bezug der Architektur beschäftigt. Wir gestalten Räume für Menschen, daher sollten auch an der Hochschule menschliches Verhalten und soziale Bedürfnisse stärker in den Fokus rücken. Ein langfristiger Wunsch von mir ist es, einen Entwurfskurs zu entwickeln, der interdisziplinär mit Soziolog*innen zusammenarbeitet, um ein tieferes Verständnis für die Verbindung zwischen Mensch und Raum zu schaffen.
Zurzeit arbeite ich an einer Vortragsreihe zum Thema „Mensch und Stadt“, die sich genau mit diesen Fragen auseinandersetzt. Ich hoffe, dass sich daraus konkrete Ansätze ergeben, um dieses Thema langfristig stärker im Studienangebot zu verankern.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Umgang mit Fehlern und dem „Scheitern“ im Architekturstudium. Der Anspruch im Studium ist hoch. Ich habe gelernt (und lerne immer noch!), dass dieses Streben nach Perfektion uns oft hemmt und dazu führt, dass wir ständig Zuspruch und Sicherheit von außen brauchen. Mehr Mut zur Imperfektion – das würde ich mir an der Universität wünschen. Ich glaube, so lernen wir am besten. Wie ich das konkret umsetzen kann, wird sich in Zukunft zeigen, da ich hier noch keine festen Strategien verfolge. Ich lerne im Prozess meiner Arbeit und habe ein tolles Team, das meine Ideen unterstützt und mir bei der Umsetzung hilft.
Warum sollte eine Hochschule aus deiner Sicht eine*n studentische*n Prodekan*in haben? Wie wirkt sich das auf die Lehre und auf die Hochschulpolitik aus?
Dass ein Studierender an der MSA so viel Verantwortung übernehmen darf, sendet ein starkes Signal und unterstreicht die Bedeutung der Mitbestimmung von Studierenden. Durch die flachen Hierarchien an unserer Hochschule ist der direkte Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden unkompliziert. Das war an der Hochschule, an der ich meinen Bachelor gemacht habe, anders – daher spüre und schätze ich den Unterschied.
Der gegenseitige Respekt zwischen Studierenden und Lehrenden ist hier ein zentraler Aspekt. Ich werde als Studierende ernst genommen, und meine Stimme hat Gewicht, genauso wie die der Professor*innen. Ich bin überzeugt, dass auch andere Hochschulen von diesem Modell profitieren würden, da es neben der Fachschaft eine verantwortungsvolle Stimme gibt, die die Studierenden in der Hochschulpolitik vertritt. Ohne diese aktive Beteiligung gehen studentische Anliegen leichter unter. Eine studentische Prodekanin schafft hier eine direkte Verbindung und sorgt dafür, dass die Interessen der Studierenden besser in die Entscheidungsprozesse einfließen.