Drei Fragen an: Max Otto Zitzelsberger

Der Münchner Architekt Max Otto Zitzelsberger ist seit 2019 Juniorprofessor am Fachbereich Architektur an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK). In seiner Forschung und Lehre zur Tektonik im Holzbau beschäftigt er sich mit den Eigenschaften des nachwachsenden Materials und den drängenden Fragen unserer Zeit zum Umgang mit natürlichen Ressourcen.

Was ist Ihr Lehrkonzept und auf welche Aspekte legen Sie dabei Wert?

Das Fachgebiet Tektonik im Holzbau beschäftigt sich nicht mit Gentrifizierungs- und Prestigeprojekten gängiger Lehrprogramme, sondern ganz bescheiden mit den großen Fragen unserer Zeit. Wir fragen uns, wie sehr kleinmaßstäbliche Aufgaben architektonisch lösbar sind. Man glaubt gar nicht, dass man sich ein ganzes Semester mit einer Bienenbeute, einem Zaun oder auch einem Abort beschäftigen kann.

Um die Welt beziehungsweise uns selbst zu retten, sehen wir genau drei Möglichkeiten: Verbietet das Bauen! Verbietet die Architektur! Verbietet die Schönheit! Konkret werden wir im Unkonkreten, in architektonischen Fragmenten und sehr kleinmaßstäblichen Aufgaben. Wir blicken dabei auf das Beiläufige, auf die Unorte, auf die verrufenen Ecken unserer Städte und Dörfer, auf die suburbanen Gefilde und auf die Niederungen menschlicher Zivilisation – und entdecken dabei ganz beiläufig die Schönheit des Banalen.

Was könnte eine nachhaltige Architektur(-lehre) sein?

Architektur kann die Probleme der Welt nicht lösen. Auch unsere Branche profitiert von der Ressourcenverschwendung. Einfache Lösungen sind nicht die Antwort auf komplexe Probleme. Das Einfache ist auch nicht so interessant wie das Komplexe. Architektur ist für uns beispielsweise weniger der Schlüssel zur Nachhaltigkeit oder Ausdruck sozialer Verantwortung als vielmehr ein Medium, um gesellschaftliche Prozesse verständlich zu machen. Ähnlich wie die Kunst oder die Philosophie sollte sie vor allem Fragen stellen und deshalb ein Teil der Lösung werden. Eine Architektur der Zukunft ist für uns keine, die ideologische Parolen verbreitet, sondern diejenige, die es schafft, Widersprüche in sich zu vereinigen.

Was möchten Sie an die nächste Generation junger Architekt*innen weitergeben?

Viele Studierende (und Professor*innen) wollen immer alles richtig machen. Das ist ein problematisches Anliegen. So verlernt man nämlich zu denken. So entsteht Erwartbares. So stirbt jeglicher Wille zur Veränderung. Der von uns hochverehrte Hermann Czech wurde einmal gefragt, was er seinen Studierenden mitzugeben versucht. Er antwortete darauf kurz und knapp: „maximale Verwirrung“. Paradoxes, Nicht-Vereinbares, Nicht-Reines, Heterogenes, Vielfältiges, Vielschichtiges, Multiples: All das ist Ausdruck unserer Welt. Wir sind für die Zukunft am besten gewappnet, wenn wir lernen, mit Widersprüchen umzugehen.

Max Otto Zitzelsberger ist im November 2022 beim Heinze Klimafestival in Düsseldorf zu Gast und wird dort zu seiner Lehre und Forschung vortragen.