Wohnen im Bewegtbild: Der Workshop „Spatial Practices and Housing“
Was bedeutet urbaner Wohnraum? Internationale Studierende unterschiedlichster Fachrichtungen widmeten sich dieser Frage. Im Rahmen eines Workshops – zuerst in Lissabon, nun in Frankfurt – entstand eine Reihe reflektierender Videos.

Wohnen ist mehr als das Bereitstellen von Raum – es spiegelt gesellschaftliche Prozesse wider, ist politisch aufgeladen und Teil kultureller Praxis. Dieser erweiterte Wohnbegriff liegt dem Blended Intensive Program (BIP) „Spatial Practices and Housing“ zugrunde, das im Herbst 2024 an der Goethe-Universität Frankfurt unter der Leitung von Prof. Carsten Ruhl und Assist. Prof. Daniela Ortiz dos Santos stattfand. Beteiligt waren Universitäten aus Portugal, Spanien und Frankreich, deren Studierende aus Architektur, Kunstgeschichte, Urbanistik und Soziologie zusammenarbeiteten. Ziel war es, im Rahmen des Erasmus-Plus-Programms eine interdisziplinäre und internationale Lernerfahrung zu schaffen, die auf die erste Programmausgabe in Lissabon aufbaute. In Frankfurt forschten die Studierenden in Teams, erkundeten die Stadt durch Spaziergänge, nahmen an Fachvorträgen teil und produzierten kurze Filme zum Thema Wohnen.

Von Lissabon nach Frankfurt
Die erste Programmausgabe fand 2023 in Lissabon statt und folgte einem ähnlichen Aufbau. Die Studierenden untersuchten Wohnpraktiken durch Stadtspaziergänge und eine Ausstellung zum Thema „Living in Lisbon“. Im Fokus standen Wohnraumknappheit und die Folgen von Gentrifizierung. Gespräche mit Einheimischen – darunter Studierende, die wegen hoher Mieten ins Umland pendeln mussten – ermöglichten Einblicke in räumliche Gegebenheiten wie auch wirtschaftliche Realitäten. In Frankfurt knüpften sie an diese Erkenntnisse an. Sie untersuchten vergleichbare Wohnkonzepte und reflektierten die Erkenntnisse aus Lissabon im Kontext der deutschen Wohnsituation. Das Seminar profitierte von einem breit aufgestelltem Netzwerk regionaler Kooperationspartner*innen, darunter das Center for Critical Studies in Architecture (CCSA), das Museum Giersch und das DFG-Graduiertenkolleg.

Interdisziplinärer Austausch
Zur Vorbereitung erarbeiteten die Studierenden Referate zu Wohnpraktiken in ihren jeweiligen Herkunftsländern, die sie vor Ort präsentierten. So entstand eine gemeinsame Wissensbasis für die folgenden Exkursionen und Diskussionen. Die Zusammenarbeit war von einem produktiven Wechselspiel geprägt: Während sich die Kunsthistoriker*innen vor allem auf Archivrecherchen konzentrierten, setzten die Architekturstudierenden früh auf die Arbeit mit Modellen. Der gemeinsame Prozess führte unterschiedliche Arbeitsweisen zusammen – und ermöglichte so greifbare Ergebnisse eines echten interdisziplinären Austauschs.

Wohnraum filmisch reflektieren
Welche Herausforderungen und Chancen bringt das Wohnen in urbanen Räumen mit sich? Und wie beeinflussen Nachhaltigkeit, Ressourcenknappheit, Migration und soziale Dynamiken den Wohnungsbau? Mitunter diese Fragen standen im Mittelpunkt des Workshops, der eine filmische Auseinandersetzung mit Wohnpraktiken zum Ziel hatte. Die Studierenden produzierten dreiminütige Videos, in denen sie spezifische Aspekte des Wohnens in Frankfurt beleuchteten. Die Themen entwickelten sie eigenständig – inspiriert durch Stadtspaziergänge, Archivbesuche und gemeinsame Diskussionen.

Die filmischen Arbeiten entstanden ohne inhaltliche Vorgaben und eröffneten vielfältige, teils kritische Perspektiven auf das Thema. Einige Gruppen setzten sich mit sozialen Aspekten wie Gentrifizierung und bezahlbaren Wohnraum auseinander, andere legten den Fokus auf architektonische oder historische Entwicklungen. Der Film diente dabei als Medium, um komplexe Zusammenhänge anschaulich darzustellen und das Thema Wohnen aus einer visuellen und narrativen Perspektive zu erforschen.
Ende Oktober 2024 wurden die entstandenen Filmprojekte in der Ausstellung „Our House“ im Museum Giersch der Goethe-Universität präsentiert. Und es geht weiter: Der nächste Workshop findet in Madrid statt.