Wenn das Warten zum Erlebnis wird: Eine Bushaltestelle neuinterpretiert
Drei Architekturstudenten verbinden in Bad Aibling Handwerk mit expressiver Architektur und machen so das Warten auf den Bus zu einer angenehmen Pause im Alltag.

Kopfhörer in den Ohren, Hände in den Taschen, den Blick aufs Smartphone gerichtet – so sieht der Alltag an vielen Bushaltestellen aus. Doch was passiert, wenn eine Haltestelle vom funktionalen Zweckbau zu einem Ort transformiert wird, der die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu einem angenehmen Erlebnis macht? Diese Idee setzten die Architekturstudenten Konstantin Aeugle, Jakob Leismüller und Maximilian Böhm um. Die drei, die sich im Bachelorstudium an der Universität Innsbruck kennenlernten, entwarfen und bauten im B&O Bau Forschungsquartier in Bad Aibling eine besondere Bushaltestelle.

Der Weg zur Haltestelle
Alles begann mit der Übergabe der privaten Straßen des B&O Bau Forschungsquartiers an die Stadt Bad Aibling. Mit der neuen, öffentlichen Zuständigkeit für die Infrastruktur wurde auch ein Anschluss an den Nahverkehr erforderlich – insbesondere, da auf dem Gelände viele Bildungsstätten angesiedelt sind. Die Stadt plante zunächst eine schlichte Standardlösung. Doch das Forschungsquartier erkannte das Potenzial des Projekts und wollte eine Bushaltestelle, die mehr bietet als nur Schutz vor Wind und Wetter. Maximilian Böhm schlug vor, das Projekt an Architekturstudierende zu übergeben. Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Jakob Leismüller und Konstantin Aeugle nahm er die Herausforderung an.

Warten als architektonisches Erlebnis
Können gut gestaltete Wartebereiche das Warten aufwerten? Diese Frage begleitete die drei Studenten während der Planung. Ihr Entwurf sollte das Warten auf den Bus nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance zur sozialen Interaktion und zum bewussten Innehalten neu interpretieren. In intensiven Entwurfsphasen experimentierten sie mit unterschiedlichen Konzepten – von Reetdächern über Findlingswände bis hin zu traditionellen Holzbauten. Schließlich entschied sich das B&O Bau Forschungsquartier für eine Konstruktion mit Holzschindeln. Besonders Konstantins Erfahrung als gelernter Zimmerer erwies sich dabei als wertvoll. Für die Genehmigung des Bauantrags arbeiteten die Studenten mit dem Ingenieurbüro Weisser zusammen. Nach Abschluss der Planung setzten die Studenten das Projekt mit regionalen Handwerkern um.

Nächster Halt: Dietrich–Bonhoeffer–Straße
Viele Bushaltestellen bestehen aus Stahl und Glas – im Sommer stickig, im Winter eisig. Der Entwurf in Mietraching, Bad Aibling wählt einen anderen Ansatz: Die Geometrie der Haltestelle passt sich dem Standort und seinen klimatischen Bedingungen an. Der Innenraum ist nach Südosten ausgerichtet, sodass ihn die Morgensonne wärmt. Mittags schützt das weit heruntergezogene Dach vor Hitze, während am Nachmittag die Sonne wieder durchscheint. Die Holzschindeln speichern tagsüber Wärme und geben sie langsam wieder ab, wodurch ein angenehmes Raumklima entsteht. Eine geschlossene Seite schützt vor Wind und Regen, lässt aber den Blick auf den ankommenden Bus frei. Ergänzt wird das Konzept durch eine kleine Eckbank, die nicht nur zum Verweilen einlädt, sondern auch eine kommunikative Atmosphäre schafft.
Mit diesem Projekt beweisen die drei Studenten, dass selbst kleine Infrastrukturprojekte den öffentlichen Raum aufwerten können. Statt steriler Zweckbauten entstehen Orte, die Mobilität nicht nur erleichtern, sondern auch verschönern. Denn Gestaltung spielt eine Rolle – gerade dort, wo man sie nicht erwartet.