Weingut-Workshop: Lehrbaustelle auf einem historischen Vierseithof

Feldsteine, Kalk und Wein – Auf einem jahrhundertealten Weingut im rheinland-pfälzischen Harxheim im Zellertal brachten 18 Studierende der RPTU Kaiserslautern-Landau eine Fachwerkfassade und eine Bruchsteinwand wieder in Schuss.

Rund 100 Kilometer südwestlich von Frankfurt am Main, umgeben von Wiesen und Feldern, liegt das beschauliche Harxheim. Mit etwa 860 Einwohner*innen gehört der Ortsteil zur größten der Gemeinde Zellertal und auch wohl ältesten. Historisch bekannt ist die Region für ihren Weinanbau. Es finden sich hier zahlreiche alte Weingüter wie beispielsweise das Weingut Janson Bernhard, dessen Geschichte auf das Jahr 1739 zurückgeht. Im Frühsommer 2024 verbrachten 18 Studierende der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) im Rahmen eines Seminars fünf Tage auf dem denkmalgeschützten Vierseithof. Sie setzten eine Fachwerkfassade und eine Bruchsteinwand instand.


Baumaterial am Wegesrand

Architektin Alice Bernhard, die die nachhaltige Sanierung des seit Jahrhunderten in Familienbesitz befindlichen Weinguts überblickt, ermöglichte es den Studierenden, die Gebäude als Schaubaustelle zu nutzen. Der Workshop wurde von Architekten Peter Kummermehr, der in Kirchheim-Bolanden tätig ist, geleitet. Seine Expertise liegt in der Arbeit mit lokal verfügbaren Baumaterialien auf rein mineralischer und pflanzlicher Basis. Dass geeignete Werkstoffe unmittelbar vor der eigenen Haustür zu finden sein können, zeigte der Architekt den Studierenden auf einer Fahrradtour. Nach seiner Anleitung sammelten die Studierenden auf den umliegenden Feldern und am Wegesrand die Materialien für die anschließenden Reparaturarbeiten. Vor allem suchten sie nach Kalksteinen, die sie im Ofen brannten und unter Zugabe von Wasser und Sand zu Kalkputz verarbeiteten.

Vom Reading Room in die Praxis

Die Vorbereitung auf den praktischen Workshop begann im sogenannten „Reading Room“ mit der gemeinsamen Lektüre der ARCH+, ausgewählter Schriften von Lucius Burckhardt und anderer Autor*innen. Von Burckhardt stammt unter anderem die Idee des „kleinstmöglichen Eingriffs“, die sich durch sein gesamtes Werk zieht. Demnach seien kleine, individuelle Eingriffe in Landschaft und Bestand stets großen Universallösungen vorzuziehen, da letztere unabsehbare Folgen haben können. Mit den Erkenntnissen aus dem Reading Room im Gepäck, begaben sich die Studierenden auf die Lehrbaustelle. Neben Kalkputz, lernten sie Hanfkalk und Lehmputz herzustellen. Sie besserten verschiedene Arten von Mauerwerk aus, indem sie zunächst die losen Steine und losen Mörtel entfernten, Fehlstellen ergänzten und diese mit den selbst produziertem Mörtel verputzten.

Den ländlichen Raum aktivieren

Neben den Ergebnissen vor Ort, ist in dem Seminar eine Broschüre mit detaillierten Zeichnungen des Bestands und ein zehnminütiger Film entstanden, in dem die Studierenden ihre Eindrücke festhielten. Die Lehrveranstaltung zeigt eindrücklich, wie mit lokalen Materialien und minimalen Eingriffen historischer Bestand nachhaltig saniert werden kann. In kürzester Zeit und mit relativ geringem Materialaufwand haben die Studierenden zwei halbe Fassaden instandgesetzt und dadurch einen wichtigen Beitrag zur Denkmalpflege im ländlichen Raum geleistet. Das Format hat großen Anklang gefunden und soll in Zukunft wiederholt werden.