Vom Abriss bedroht: Ausstellung zur „Grazer Schule“
Wie sollte man aus heutiger Sicht mit den Architekturikonen der „Grazer Schule“ umgehen? Dieser Frage widmet sich eine Ausstellung im HDA (Haus der Architektur), die von Studierenden der TU Graz konzipiert wurde.
Architektonisch gesehen war die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine besonders wichtige Epoche für Graz. Die in dieser Zeit entstandenen Bauten der sogenannten „Grazer Schule“ prägen maßgeblich das Bild der österreichischen Stadt bis in die Gegenwart. Heute ist eine Vielzahl dieser ikonischen Bauwerke vom Abriss bedroht. Um den Diskurs über den sensiblen Umgang mit den Gebäuden anzuregen, haben Studierende am Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaft der TU Graz eine Ausstellung konzipiert. Die Präsentation „Grazer Schule. Stil und Wert eines Phänomens“ wurde im Rahmen einer von Margareth Otti-Wagner geleiteten Lehrveranstaltung erarbeitet. Inhaltlich basiert die Exposition auf der Publikation „SOS Grazer Schule“, die an demselben Institut unter der Leitung von Prof. Anselm Wagner entstanden ist.
Neun exemplarische Projekte
Aus den 125 Bauwerken, die in der Publikation dokumentiert wurden, haben die Studierenden für die Ausstellung neun Projekte ausgewählt. Das von Heinz Wondra geplante Haus Fuchs wurde bereits abgerissen und der von Christine und Walther Kordon entworfenen WIFI Werkstättenbau befindet sich kurz vor dem Abbruch. Darüber hinaus werden das Studentenwohnheim Wienerstraße (Klaus Kada), das Institut für Biochemie und Biotechnologie (Michael Szyszkowitz und Karla Kowalski), die Wohnanlage Rettenbach (Bernhard Hafner), das Haus Rosegger (Konrad Frey), die Erweiterung Mathematik und Geodäsie (Günther Domenig und Hermann Eisenköck), die Wohnanlage Carl-Spitzweg-Gasse (Volker Giencke) sowie die Raiffeisenkasse Andritz (Team A) gezeigt. Zur Veranschaulichung der Bauwerke werden Pläne, Fotos und Modelle zu sehen sein.
Abbruch oder Erhalt?
Da die meisten Bauten der „Grazer Schule“ außerhalb der Altstadt-Schutzzonen angesiedelt sind, stehen sie nicht unter Denkmalschutz. Viele dieser Gebäude erfüllen zudem die heutigen energetischen Standards nicht und weisen insgesamt einen schlechten Erhaltungszustand auf. Diese Argumente sprechen für einen Abriss dieser Bauwerke. Warum der Erhalt jener Architektur dennoch wichtig ist und wie sie energetisch ertüchtigt und neu genutzt werden kann, soll in der Ausstellung und den Begleitveranstaltungen thematisiert werden. Am 19. April 2023 findet eine Podiumsdiskussion mit Expert*innen aus den Bereichen Denkmalpflege, Forschung und Architekturgeschichte statt. Anna Wickenhauser von docomomo, der stellvertretende Landeskonservator für die Steiermark Robert Walle und Olaf Gisbertz, Sprecher des DFG-Netzwerks „Bauforschung Jüngerer Baubestände 1945+“ werden der Frage nachgehen, wie mit dem baukulturellen Erbe der „Grazer Schule“ umgegangen werden sollte.