Manege frei für die Stadt: Das DesignBuild-Projekt „a circus“

An der Kunstakademie Düsseldorf entstand 2021 das DesignBuild-Projekt „a circus“ in der Baukunstklasse von Prof. Thomas Kröger. Das Ergebnis des Research-, Design- und Umsetzungsprozesses ist ein mobiler Pavillon, der an seinem jeweiligen Standort mit unterschiedlichen Programmen die Stadtbevölkerung dazu animieren soll, sich mit den Eigenheiten des Ortes auseinanderzusetzen und diesen aktiv mitzugestalten.

Sind urbane Räume mit ihrem bunten Treiben nicht manchmal die spannendsten Manegen? Aus dem Anlass mehr Besucher*innen an Orte bringen zu wollen, die zurzeit eher „unbespielt“ sind, hat die Baukunstklasse an der Kunstakademie Düsseldorf ein Design-Build-Projekt in die Wege geleitet. „A circus“ ist der Titel des von Alexander Horbach und Sascha Lehnhardt initiierten und in einem Team aus 16 Studierenden ausgeführten Stadtentwicklungsprojekt im 1:1-Maßstab. Betreut von Prof. Thomas Kröger entstand nach zehnmonatiger Analyse-, Entwurfs- und Umsetzungsarbeit im Sommer 2021 ein mobiler Pavillon, der an verschiedenen Standorten Raum für unterschiedliche Aktivitäten und Aktionen schafft: Ausstellungen, Bürgerdialoge, Beteiligungsprozesse aber auch Kino- und Theateraufführungen sollen in der neuen Struktur stattfinden können. Auf diese Art und Weise könne das Projekt „Placemaking“ betreiben – das heißt, während seines temporären Aufenthaltes Akteur*innen der Stadtgesellschaft zusammenbringen, um einen Dialog auszulösen. Durch diese temporäre Intervention erhoffen sich die Initiatoren die Bewusstwerdung und Stärkung des jeweiligen Stadtraums.

Heute hier morgen dort - Was bleibt zurück?

„A circus“ verfolgt ein ephemeres Konzept, in dem nicht die Zielsetzung galt, Stadtentwicklungsprozesse längerfristig zu begleiten, sondern vielmehr durch das zeitlich begrenzte Happening etwas anzustoßen. Spielerisch kann der Pavillon und sein Programm die angesteuerten Orte für einen gesetzten Zeitraum aktivieren. Dieser Prozess soll in der teilnehmenden Stadtbevölkerung eine neue Sichtweise auf den Veranstaltungsort hervorbringen. Unterschiedlichen Interessen und Ideen der lokalen Stadtgesellschaft kann in diesem Format Raum gegeben werden. Die Gestaltung in Form einer Zirkusmanege soll in den Teilnehmer*innen die Vorstellungskraft für die künftige Entwicklung ihrer urbanen Umwelt stimulieren und zeigen, dass Stadtentwicklung etwas sehr Lebendiges sein kann. Wie ein echter Zirkus zieht der Pavillon dann auch nach abgelaufener „Spielzeit“ weiter. Was zurück bleiben soll, sind die Erinnerungen an den Ort und die Inspiration, welche die Aktion idealerweise hervorrufen konnte.

Ein besonderer Stadt(t)raum

In seiner Typologie, orientiert sich der Pavillon an der eines Zirkuszeltes. Für die Gestaltung, haben sich Alexander Horbach und Sascha Lehnhardt am klassischen Bild einer Manege mit Zuschauerraum orientiert. Dem Vorbild entsprechend, ist der Innenraum vom Außenraum visuell abgetrennt. Wer den ovalen, Raum mit beplantem Dach betritt, soll sich in eine vornehmlich „introvertierte Sphäre“ begeben können. Während das Zirkuszelt durch die Verhüllung und wenig Einblicksmöglichkeiten Interesse wecken soll, können sich Menschen im geschützten Inneren austauschen und kollektive Momente zelebrieren. Durch die transluzente Plane zur Bespannung der Dachkonstruktion, wird eine hermetische Abschottung verhindert. Sie lässt tagsüber Lichteinfall zu und nachts die Innenbeleuchtung in die Umgebung durchscheinen – Eine Geste mit Signalwirkung. Das längliche Oberlicht bildet den einzigen vollständigen visuellen Bezug nach außen. Auf konzeptueller Ebene gibt es eine weitere Verzahnung mit dem Stadtraum durch das kontextuelle Programm rund um und im Pavillon.

Nachhaltige Konstruktion

Das Tragwerk ist eine Holzkonstruktion. Im Entwurfsprozess spielte die soziale ebenso wie die materielle Nachhaltigkeit eine große Rolle. Sämtliche verwendete Materialien haben die Planer*innen nach dem „cradle to cradle“-Prinzip ausgewählt. Die Verwendung von Althölzern und anderen recycelten Materialien waren hierbei von zentraler Bedeutung. Die modularen Holzelemente bilden Tragwerk sowie die Wände unterhalb der Dachkonstruktion aus. Mit orangenen Spanngurten werden die jeweiligen Elemente ausgesteift und verbunden. Die auffällige Farbwahl der Gurte soll zusammen mit Sandsäcken den „ad hoc“-Charakter, für sichtbar schnelle Auf- und Abbaumöglichkeiten des mobilen Raumes, zum Ausdruck bringen.

Kleiner Zirkus für Gerresheim

Zum ersten Mal schlug „a circus“ vom 25. August 2021 bis zum 28. September 2021 an einem halböffentlichen Platz an der Heyestraße im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim sein Zelt auf. Das Gebiet hatte in den letzten Jahrzehnten durch starke Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt aufgrund des Wegganges einiger Hauptarbeitgeber zu leiden. Auf dem Gelände eines ungenutzten Bürokomplexes, das durch private Hand neu entwickelt werden soll, hat sich „a circus“ platziert. In knapp vier Wochen brachte die Veranstaltung an diesem sich transformierenden Ort wichtige Akteur*innen, wie etwa Kommunalpolitiker*innen oder Quartiersmanager*innen zusammen, um im offenen Bürgerdialog über die Zukunft von Gerresheim Süd nachzudenken. Um auch die Jüngsten zu erreichen, haben die Macher unter anderem ein Kinderfest, Fahnenmalen und Graffitiaktionen veranstaltet.

Weitere Stops auf der Wanderung

Nach einer Station beim Sommerrundgang der Düsseldorfer Kunstakademie 2021 macht der Pavillon vom 09. bis 24. September 2022 auf der Stadtentwicklungsplattform lala.ruhr in Gelsenkirchen halt. Im Frühjahr 2023 ist ein Aufenthalt auf der Museumsinsel Hombroich in Neuss geplant, bei dem die Verknüpfung von Kunst und Natur im Mittelpunkt stehen und das Zirkuszelt zur Folly werden soll.