Künstlerisch und konstruktiv Sorgetragen: Das Ausstellungsprojekt „The Great Repair“

Über diverse Ebenen und Maßstäbe zum Thema Reparatur zeigt die Ausstellung in der Berliner Akademie der Künste bis Januar 2024 Ansätze zum Umgang mit unseren Ressourcen und bestehenden Strukturen.

„The Great Repair“ – ein Ausstellungsprojekt, in dem die paradoxen Beziehungen zwischen Wachstum und Ökologie im Kontext der materiellen Kultur beleuchtet werden. Mehr als 40 Positionen aus den Bereichen Kunst, Architektur und Raumgestaltung sollen die Idee der Reparatur als ein neues Konzept für kreatives Schaffen in der Ausstellung in der Akademie der Künste in Berlin erfahrbar machen. Im Rahmen von Begleitveranstaltungen haben alle Beteiligten zudem die Möglichkeit, diese Prinzipien mit den Besucher*innen zu diskutieren und zu vertiefen. Das Projekt von der ARCH+ ist unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Departement für Architektur an der ETH Zürich und der Faculté des Sciences Humaines an der Universität Luxemburg entstanden.

Diverse Zugänge zur Reparatur

In den Künsten sowie in den Geistes- und Sozialwissenschaften werden zunehmend innovative Strategien gefordert, die darauf abzielen, den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren und das Vorhandene zu erhalten oder zu restaurieren. Diese Ausstellung untersucht, inwieweit eine Politik und Ästhetik der Reparatur aus postkolonialer, feministischer und posthumaner Perspektive als eine sinnvolle Alternative angesehen werden kann. Aspekte wie Suffizienz, Langlebigkeit, Solidarität, Wiederaneignung, Pluralität und Sorgearbeit werden als Leitprinzipien einer Gesellschaft der Reparatur erforscht. Dafür hat das kuratorische Team die Ausstellungsräume der Akademie der Künste mit einer abgeänderten Infrastruktur versehen und sieben Ausstellungsbereiche erzeugt. Die Titel der jeweiligen Bereiche reichen von „mit dem Alltag beginnen“ bis zur „Reparatur praktizieren“.

Die Künstlerin Zara Pfeifer beispielsweise dokumentierte fotografisch die Arbeit der „Kleinen Reinigungs- und Dienstleistungsgesellschaft“, um die Bedeutung der Erhaltung und Pflege bestehender Gebäude und die oft unterschätzte Rolle von Reinigungskräften hervorzuheben. Im Raum „Narben sichtbar lassen“ finden die Besucher*innen Exponate vor, die zeigen, dass nicht alles reparierbar ist – wie die Videoinstallation zu „Building amidst Destruction“. Der Beitrag präsentiert die Online-Plattform „Mapping Ukraine“, die aus einer Vielzahl an Informationen die Auswirkungen von Russlands Krieg gegen die Ukraine dokumentiert. 

„The Great Repair“ hat in vielerlei Hinsicht auch das historische Gebäude, in dem sie stattfindet, zum Thema gemacht – beispielsweise durch eine ungewöhnliche Besucher*innenführung, die durch Serviceräume umleitet und so die Instandhaltung des Gebäudes sichtbar macht. Auf diesen Gegebenheiten basiert auch der Beitrag von Atelier Bow-Wow: Ein neu angelegter Verbindungsgang durch den Gräsergarten im ersten Obergeschoss, der zum einen den behutsamen Eingriff in den denkmalgeschützten Bestand thematisiert sowie – wie die gesamte Ausstellung – vorhandene Materialien des Hauses verwendet und neu interpretiert.

Viel akademischer Beitrag

Durch die Mit-Kuration zweier Universitäten ist ein wichtiger Teil der Ausstellungsbeiträge aus dem akademischen Kontext und der Lehre heraus entstanden, so auch die Studierendenarbeit „After Parking“ unter der Leitung von Prof. Florian Hertweck und Markus Miessen der Universität Luxemburg. Eine Fotocollage, in der alle Parkplätze in Berlin zusammengelegt werden, verdeutlicht das Ausmaß der Versiegelung und zeigt, welches Reservoir an Flächen durch Suffizienz in der Automobilität freigesetzt werden könnte. Basierend auf dem Forschungsprojekt „The Power of the People“ am Lehrstuhl für Architektur und Territorialplanung der ETH Zürich unter der Leitung von Prof. Milica Topalovic werden hingegen Energiequellen zum Thema gemacht. Ein Modell des Rheinischen Reviers, das eine Bergbauregion von rund 5.000 Quadratkilometer mit fast 2,5 Millionen Einwohner*innen umfasst, enthält Miniaturszenen, die den Kampf für eine sozial-ökologische Reparatur der Region darstellen.