„Kinderbuch-Methode“: Architektur und Städtebau verständlich erklären

Wie können komplexe Themen wie Architektur und Städtebau leicht und verständlich vermittelt werden? In einem Seminar der Leibniz Universität Hannover entwickelten Architekturstudierende besonders charmante Antworten auf diese Frage. Unter der Leitung von Dr. des. Sebastian Bührig gestalteten sie Kinderbücher, die junge Leser*innen an die Fachrichtung heranführen sollen.

Die Arbeit von Architekt*innen und Stadtplaner*innen betrifft die gebaute Umwelt so gut wie aller Menschen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Studierende dieser Fachrichtungen lernen, ihre Ideen und Entscheidungen klar und verständlich zu vermitteln. Um sich in dieser Fähigkeit zu üben, gestalteten Architekturstudierende im Rahmen eines Seminares an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover liebevoll illustrierte Kinderbücher. Geführt und betreut wurde die Lehrveranstaltung von Dr. des. Sebastian Bührig in der Abteilung „Stadt- und Raumentwicklung“, die von Prof. Dipl.-Ing. Tim Rieniets am Institut für Entwerfen und Städtebau geleitet wird. Vom 15. bis 18. Juni 2022 präsentierten die Studierenden ihre Ergebnisse auf der Kunstbuchmesse „I Never Read – Art Book Fair Basel“. Aktuell suchen sie nach einem Verlag, der die Bücher zukünftig herausgibt.


Verstehen durch erklären

Vier Monate lang haben sich die Studierenden mit der Frage befasst, wie sich Architektur und Städtebau kindgerecht vermitteln lässt. Um einen komplexen Sachverhalt und vielschichtige Zusammenhänge für Kinder verständlich machen zu können, mussten sich die Studierenden zunächst selbst Klarheit über den Gegenstand ihrer Bücher verschaffen. Welche Inhalte sind grundlegend im Architekturstudium? Was tut der Mensch, wenn er baut und wohnt? Ausgehend von diesen Leitfragen entwickelten sie über teils spielerische und experimentelle Verfahren Geschichten über Architektur und Städtebau. Die „Kinderbuch-Methode“ sollte den Studierenden dabei als Lehr-Übung dienen, Studieninhalte klar und anschaulich zu kommunizieren.


Farbenfroh, detailverliebt und interaktiv

Kreativität und Vielseitigkeit — davon zeugen die Ergebnisse des Seminars: Zum Beispiel geht es in dem Buch „Ab unter die Decke“ von Anik Thiel, Helena Rheinhard und Lina Nikolic um Oskar, der gemeinsam mit seinem Plüschhasen Hoppel höhlenartige Räume zwischen Sofa, Wäscheständer und Bücherregal baut. Als Baumaterial dient ihm hierbei unter anderem seine Kuscheldecke. Das Buch soll Kinder dazu anregen mit einfachen Mitteln kreativ und eigeninitiativ Architektur zu erschaffen. Carlotta Weniger, Christian Sternhagen und Lina Bornemann hingegen setzen vielmehr auf die Vermittlung eines städtebaulichen Themas: Sie erzählen in ihrem Kinderbuch „Ein Platz für Frau Robert“ auf poetische Art und Weise von einem in die Jahre gekommenen, verwahrlosten Platz, der zu einem belebten Ort zum Verweilen umgebaut wird. Einen interaktiven Ansatz verfolgen Anastasia Jordan und Anna Bertram mit ihrem Buch „Nach dem Unwetter“. Die Leser*innen sollen dem Wesen Yara (abgeleitet von yaratıcı ruh = türkisch für Schöpfergeist) dabei helfen, eine verwüstete Stadt wieder aufzubauen. Dafür stehen ihnen hölzerne Bausteine und die Seiten des Buches zur Verfügung, die als raumbildende Elemente zum Einsatz kommen. Das Buch „Miro und die Schlüsselerfahrungen“ von Simon Kahle, Lilien Nossol und Jeschua Tampe handelt von einem kleinen Jungen, der mithilfe plötzlich erscheinender Schlüssel neue Räume in seinem Zuhause entdeckt. Unter dem Titel „Ein Koffer voller Abenteuer“ von Frida Matschullat, Kim Ohlmer und Jessica Koppers begibt sich der kleine Toni, der auf dem Dachboden einen magischen Koffer entdeckt auf eine Reise in die Vergangenheit. Auf höchst unterschiedliche Art und Weise führen die Studierenden mit ihren Geschichten junge Leser*innen an die Themen Architektur und Städtebau heran. Die liebevoll gestalteten Bücher sind nicht nur für Kinder ein Lesevergnügen.