Ist unser Berufsstand in Gefahr? Ergebnisse des nexture+ Nachwuchs-Reports

Ausbildung, Arbeitsbedingungen, Gehalt: nexture+ hat den planerischen Nachwuchs nach ihren beruflichen Stationen und Bedingungen befragt und zum Teil alarmierende Ergebnisse erhalten.

Nach Jahren interdisziplinärer Vereinsarbeit und bundesweiter Vernetzungstreffen setzte sich das Nachwuchsnetzwerk nexture+ das Ziel, die Grundstimmung des Planungsnachwuchses in Daten und Fakten zu erfassen. Bisherige Umfragen richteten sich in erster Linie an Kammermitglieder – der blinde Fleck zwischen Studium und Vollmitgliedschaft soll nun mit diesem Report geschlossen werden. Von September bis Dezember 2023 wurden Studierende, Berufseinsteigende und Praktikant*innen aus ganz Deutschland zu den Themen Zufriedenheit, Arbeitsplatz und Arbeitsbedingungen, Gehalt und berufliche Ziele befragt. Die Ergebnisse sind in einem Report zusammengefasst.

Wer antwortet – und woher?

Der Report bietet Einblicke in Demografie, Ausbildung und Bewerbungsprozesse der Teilnehmenden. Von den 815 Befragten arbeiten 75 Prozent in der Architektur, der Rest verteilt sich auf Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung. Die Mehrheit sind Berufseinsteiger*innen, 63 Prozent weiblich und 36 Prozent männlich, mit einem Durchschnittsalter von 26,5 Jahren. ​Die meisten arbeiten in Planungsbüros und leben in Städten mit über einer Million Einwohner*innen. In Bezug auf die Ausbildung haben 39 Prozent einen Masterabschluss, 25 Prozent sind Bachelorabsolvent*innen.

Wie fair ist Architektausbildung? Und der Jobübergang?

Um ein ganzheitliches Bild vom Arbeiten und Lernen in unserer Disziplin zu schaffen – insbesondere mit Blick auf den Nachwuchs – muss die Ausbildung betrachtet werden. Nur 58 Prozent der Befragten geben an, erneut Architektur studieren zu wollen.  Häufige Gründe für Unzufriedenheit sind Stress und finanzielle Lage – auch beim Übergang zum ersten Job. Bei der Jobsuche fanden etwa ein Drittel ihre Stelle durch Initiativbewerbungen, ein weiteres Drittel durch fließende Übernahme. Wünsche und Kriterien? Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice gelten als wichtige Arbeitsbedingungen. 

Let’s talk about money

87 Prozent der befragten Berufseinsteiger*innen erhielten direkt einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Die Wochenarbeitszeit liegt vorwiegend bei etwa 42,4 Stunden. Überstunden sind weit verbreitet: Über die Hälfte arbeitet regelmäßig länger, oft ohne Bezahlung. 17 Prozent berichten von Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die Gehaltsunzufriedenheit ist hoch, das Durchschnittsgehalt der Männer übersteigt das der Frauen.

Zwei Drittel der Befragten denken bereits zu Beginn über einen Jobwechsel nach, die Hälfte zieht Selbstständigkeit oder eine Karriere in der Lehre in Betracht. Laut Aussagen bieten Arbeitgeber*innen bei der Kammermitgliedschaft meist nur moralische Unterstützung oder Freistellung für Fortbildungen. 

Ergebnis- und Erkenntnisfragen

Die Ergebnisse zeigen eine Mischung aus positiven und negativen Aspekten. Arbeitsbedingungen und Gehaltsparameter müssten demnach dringend verbessert werden, da sie teils ein auffälliges Bild der Berufsunzufriedenheit zeigen. Während Planungsdisziplinen insgesamt positiv wahrgenommen werden, herrschen bei den Befragten Frustration und Enttäuschung wegen prekärer Arbeitsbedingungen. Das Netzwerk nexture+ will mit diesen Stimmungsbildern anregen, die Arbeitswelt zu verändern und die Grenzen zwischen Generationen sowie zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden flexibler zu gestalten. Kammern und Berufsverbände sind aufgerufen, gemeinsam mit dem Nachwuchs an Lösungen zu arbeiten und die Ergebnisse als Wegweiser für zukünftige Maßnahmen zu nutzen.