Ins Detail gehen: Das Entwurfsstudio „Expertise: Türen und Fenster“
Von der Detailplanung bis hin zur Bauausführung: Ein Semester lang haben 30 Studierende an der Universität der Künste Berlin (UdK) Türen und Fenster für bestehende Häuser entwickelt.
Wie leistungsfähig muss ein altes Fenster sein, wie ästhetisch eine energieeffiziente Tür und wie entwerfe ich eigentlich so ein Element für ein bestehendes Gebäude? Am Fachgebiet Entwerfen und Stadterneuerung der Universität der Künste in Berlin haben sich die Studierenden von Prof. Florian Summa und Prof. Anne Femmer im Sommersemester 2023 mit dem Entwurf und Bau von Fenstern und Türen beschäftigt. Dies sollte angewandt, durch die konkrete Transformierung von bestehenden Objekten geschehen. Die 30 Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, nicht nur ein Projekt umzusetzen, sondern auch in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Berlin den Tischler-Schreiner-Maschinenschein 1 oder in Kooperation mit der Grünen Akademie Berlin-Brandenburg einen Motorsägenschein zu erwerben.
Raus aus der Fiktion, rein in die Realität
Das Studio hatte den Anspruch, möglichst wenig zu simulieren. Insbesondere das Umbauen eines Objekts lässt sich nicht ausreichend gut auf Papier planen. Die Lehrenden wählten daher die kleinste architektonische Einheit, die man ein Semester lang entwerfen und konstruieren kann: Türen und Fenster. Diese Elemente sind als Bauteile überschaubar, aber keineswegs nur „Möbelstaffage“, da sie zahlreiche architektonische Fragestellungen aufwerfen. Anhand von Türen und Fenstern können die Studierenden Themen wie Konstruktion, Form und Gestalt, Bauphysik, Baustoffe sowie Geschichte und Gesellschaft behandeln.
Rascher Übergang in die Praxis
Nachdem die Studierenden ihre Recherche durchgeführt und Ideen entworfen hatten, konnten sie direkt mit der praktischen Arbeit beginnen. Die Überschaubarkeit der Aufgabe regte dazu an, direkt ein Mockup zu bauen, noch bevor der erste Strich einer Zeichnung gemacht war. Diese Vorgehensweise war vorwiegend für Türen und Fenster geeignet, die aus vorhandenem Material umgebaut wurden, wie gebrauchte Kassettentüren oder historische Fenster. Die Werkstatttür von Carlota Carim Maurer, Tamar Neparidze und Salome Friedrich war beispielsweise aus alten Holzfenstern zusammengesetzt, die zu Türblättern erweitert wurden. Bereits nach wenigen Tagen führten die Studierenden erste Tests im Maßstab 1:1 durch, um die Verbindungen und Fügungen zu überprüfen. Im Gegensatz zu herkömmlichen DesignBuild-Projekten gab es in diesem Fall keine Trennung zwischen der Planungs- und der Ausführungsphase. Das Entwerfen und Bauen gingen nahtlos ineinander über.
Orte der Anwendung
Strandkiosk, WG-Zimmer, Scheune – Jedes Bauteil wurde für einen spezifischen Standort in Berlin oder der Umgebung entworfen. Dadurch waren die Studierenden gezwungen, sich intensiv mit den vorhandenen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Bei der „Kissentüre“ von Kristina Hendker und Augusta Verbiesen stellte sich beispielsweise heraus, dass die bestehende Maueröffnung ein Parallelogramm war. Der Entwurf versuchte, mit einer kissenartig ausgestopften Textilfuge darauf zu reagieren. Andere Bestandstüren, wie zum Beispiel eine Hühnerstalltür, wurden von den Studierenden vielmehr repariert. Kristina Sauer und Leonardo Haglmüller haben sich damit beschäftigt, wie sie das vorhandene Holz bestmöglich nutzen können. Am Ende haben sie lediglich die Fremdfedern zwischen den Brettern ausgetauscht, aber so verformt, dass diese auch die beschädigten Holzteile ersetzten. Das neue Holz quoll skulptural aus den Fugen hervor.
Zusammenarbeit lernen
Durch das unkonventionelle Format, an einem kleinteiligen Element zu entwerfen, ergaben sich verschiedene neue Lerneffekte und -methoden. Eine wichtige Herausforderung in der Architektur besteht darin, sich mit den am Bau Beteiligten, den Auftraggeber*innen und letztendlich den Nutzer*innen auseinanderzusetzen. Nur eine nicht-fiktive Lehrmethode kann diesen Umgang ermöglichen. Angely Angulo Meza und Raquel Gomez Delgado haben sich beispielsweise in ihrer Arbeit intensiv mit den Anforderungen und Erwartungen der Bauherr*innen bezüglich der Schiebefenster für einen Kiosk am Strandbad Tegelsee beschäftigt. Dabei haben sie besonders auf die Bedürfnisse und Vorstellungen der Nutzer*innen geachtet. Die Aufgabe wurde durch die direkte Interaktion mit den Beteiligten komplexer, möglicherweise sogar anspruchsvoller als bestimmte Entwurfsaufgaben in einem isolierten Studiobetrieb.