Etagenweise experimentieren: Der CircularTower

Ein Neubauprojekt in der Nähe von Bern möchte zirkuläres Bauen nicht nur erproben, sondern auch unmittelbar erfahrbar machen.

Anschließend an einen 2022 entschiedenen Ideenwettbewerb soll im schweizerischen Burgdorf im Emmental in den kommenden Jahren ein Versuchsbau für zirkuläres Bauen entstehen. Ab Mitte 2024 soll das Projekt CircularTower umgesetzt werden. Das Projekt wurde von TecLab Burgdorf, einer Kooperation zwischen der Berner Fachhochschule und der Technischen Fachschule Bern, initiiert. Es soll mit weiteren Partnerschaften aus Wirtschaft, Bildung und Politik zu einem sich konstant weiterentwickelnden Lern- und Austauschort für kreislaufbedachtes Bauen werden. Den Architekturwettbewerb konnte das Büro Inhelder Osterwalder Architekten in Zusammenarbeit mit Timbatec Holzbauingenieure für sich entscheiden. Die Jury lobte die architektonische Ausdifferenzierung, den klugen Einbezug der Öffentlichkeit und die Flexibilität.

Treffpunkt Turm

Direkt an der Bahnlinie Bern-Olten gelegen, trägt der Turm durch seine Positionierung und Höhe von 30 Metern in Zukunft weithin sichtbar sein Anliegen in die Umgebung hinaus. Hier sollen sich Gewerbe, Industrie, Forschung und die Öffentlichkeit treffen und über Innovationen im zirkulären Bauen austauschen können. Durch die Nähe zu Institutionen wie der Berner Fachhochschule, die beispielsweise in den Bereichen Holzbau und Solarenergie tätig ist, erhoffen sich die Planer*innen, dass im CircularTower Synergien und Kooperationen zwischen der Industrie und den Forschungs- und Bildungseinrichtungen entstehen.

Von Anfang bis Ende durchdacht

Maßgabe für die Errichtung des Turmes sind selbstredend die Standards einer kreislaufwirtschaftsorientierten Bauweise. Das bedeutet, dass die Planenden auf Ressourcenschonung und einen hohen Anteil von wiederverwendbaren Materialien geachtet haben. Im Jahr 2054, nach genau 30 Jahren Nutzungszeit, soll der CircularTower wieder zurückgebaut und die Bauelemente abwertungsfrei wiederverwendet werden. Auf diese Art und Weise kann auch der letzte Akt eines zirkulär gedachten Bauwerkes durchexerziert und der Materialkreislauf geschlossen werden.

Sieben Stockwerke Experimentierraum

Der Entwurf besteht aus zwei Baukörpern: einem siebengeschossigen, hölzernen Hauptbau und einem separaten Erschließungs- und Haustechnikturm. In dem Hauptbau sind unterschiedliche Nutzungs- und Entwicklungszonen vertikal verteilt vorgesehen. Die ersten beiden Obergeschosse sind energiesparend gedämmt und umhüllt mit wiederverwendeten Trapezblechen aus Abbruchhäusern. Sie sollen Platz für Seminare und Lehrveranstaltungen bieten. Darüber sind zwei beheizte Geschosse angeordnet, die sich einen Freiraum teilen und flexible Nutzungen ermöglichen, wie etwa Showrooms oder Büros für Unternehmen. Platz für experimentelle Forschungs- und Wohnmodule findet sich im nächsten, unbeheizten Geschoss. Das höchste Stockwerk dient als Aussichtsplattform und lädt die Öffentlichkeit dazu ein, den CircularTower zu besteigen.

Nicht nur Materialkreisläufe

Auch der Betrieb des Turmes ist auf Kreislauffähigkeit und Klimaschutz ausgerichtet: Auf dem Dach befinden sich PV-Module und ein Windrad, um eine grüne Energieversorgung des Turmes zu gewährleisten. Zudem ist nahezu der gesamte Erschließungsturm mit vertikalen PV–Modulen verkleidet. An der Südseite des Hauptbaus sind weitere PV-Elemente in Lamellenform vorgesehen, die gleichzeitig als Brise-Soleil einen baulichen Sonnenschutz bieten. Durch eine dezentrale Wasserbehandlung und Verwertung von Regenwasser wird der Verbrauch von Trinkwasser im Gebäude verringert. Nicht zuletzt soll sich der Turm in das umgebende Ökosystem einfügen. In der Fassade angebrachte Nisthilfen, Begrünungselemente und tierfreundliche Beleuchtungen sollen dafür sorgen, dass die Flora und Fauna vor Ort mit dem neuen Bauwerk koexistieren kann.