#StudioReport: ArchitekturWerkstatt an der OST Ostschweizer Fachhochschule in St. Gallen

In unserer News-Reihe „Studio-Report“ berichten Studierende verschiedener Architekturhochschulen über ihren Uni-Alltag und die Arbeits-, Lehr- und Lernsituation an ihrer Fakultät. In der vierten Ausgabe hat unsere Redaktion Stimmen aus der ArchitekturWerkstatt an der OST Ostschweizer Fachhochschule in St. Gallen eingefangen.

Architekturstudent*innen verbringen einen Großteil des Studiums in den Studios und Ateliers ihrer Fakultät. Nachdem dies pandemiebedingt für einige Zeit kaum möglich war, ist bei vielen nachdrücklich das Bewusstsein dafür gestiegen, wie prägend diese Räume doch sind. Das bezieht sich freilich nicht nur auf das Lernen, Planen und Schaffen von Architektur, sondern auch auf den sozialen Raum und die damit verbundenen Erfahrungen: Hier wird Gelungenes gefeiert, es werden Misserfolge verarbeitet, gemeinsam Nächte durchgemacht, voneinander gelernt, sich gegenseitig inspiriert und unterstützt – eine enge Community kann dabei entstehen, und der Arbeitsraum wird für einige zum Wohnzimmer. Diese vielschichtigen Arbeitsräume der Fakultäten unterscheiden sich untereinander von Standort zu Standort. Um einen Einblick zu gewähren, wie sich der Arbeitsalltag an den unterschiedlichen Schulen gestaltet, hat baunetz CAMPUS Studierende in ganz Europa befragt und die Ergebnisse im Vergleich gegenübergestellt. Thematisch schließen wir mit dieser fortlaufenden Reihe an unsere Focus-Ausgabe „Alternative Architekturschule“ an.

Wie viele Stunden pro Woche verbringt ihr in eurem Studio/Atelier? Wie viel Zeit arbeitet ihr im Gegensatz dazu zu Hause oder außerhalb der Hochschule?

Studierender 1 | BA 5. Semester: „Da unser Studiengang erst vor etwa sechs Jahren an der OST eröffnet wurde, gab es keinen Platz mehr im ursprünglichen Hochschulgebäude für die Studierenden der Architektur. Deshalb haben wir unsere eigenen Räumlichkeiten im zweiten Stock des Gebäudes der Hauptpost bekommen. Alle Studierenden haben ihren festen Arbeitsplatz und wir können rund um die Uhr hier arbeiten. Von zu Hause arbeite ich deshalb eigentlich nie, ich habe meinen PC in der Schule. Gegen Anfang des Semesters ist noch nicht allzu viel zu tun, das steigert sich aber sehr schnell. Im letzten Monat vor der Entwurfsabgabe (Hauptfach) verbringe ich sicher 80 Stunden pro Woche im Atelier. Dann komme ich eigentlich nur zum Schlafen heim, das Atelier wird zum zweiten zu Hause. Über das ganze Semester gesehen würde ich von einer durchschnittlichen 60-Stunden-Woche sprechen.

Studierender 2 | BA 3. Semester: „Ich verbringe im Schnitt wahrscheinlich etwa 60 Stunden pro Woche im Atelier. Ich habe mich so eingerichtet, dass ich gar nicht von zu Hause aus arbeite. Klar sind es im Abgabestress gerne mehr Stunden, dafür ist es auch schön, zu Hause nicht auch noch an die Arbeit denken zu müssen.“

Studierender 3 | BA 1. Semester„Ich studiere berufsbegleitend und verbringe ca. 20 Stunden im Atelier und fünf Stunden zuhause. Das kommt aber ganz auf den Arbeitsaufwand an, der in der jeweiligen Woche zu erledigen ist. Wie ich jedoch von den höheren Semestern gehört habe, wird diese Zeit eher ansteigen als abnehmen.“

Wo befinden sich die Studio-Räume an der Fakultät? Wie erreicht man sie? Findet an deiner Fakultät die Entwurfslehre zentral oder über den kompletten Campus verteilt statt?

Studierender 1 | BA 5. Semester: „Die Ateliers der ArchitekturWerkstatt befinden sich auf einem einzigen Stockwerk, die Räume sind kreisförmig angeordnet, sodass ein Rundlauf möglich wird. Dadurch sind die Wege natürlich nie weit und wir müssen nur für einzelne Vorlesungen rüber in das Fachhochschulgebäude gehen. Ansonsten finden alle Vorlesungen bei uns statt. Die drei Vorlesungsräume sind etwa so groß wie herkömmliche Klassenzimmer, da es pro Jahrgang schließlich auch nur circa 30 Studierende gibt."

Studierender 2 | BA 3. Semester: „Die ArchitekturWerkstatt liegt direkt am Bahnhof St.Gallen, aber nicht im Fachhochschulzentrum, sondern in der alten Post, wo wir unsere eigenen Vorlesungsräume und Büros haben. Dadurch wurde ein kleines Architekturuniversum geschaffen. Ein Stockwerk unter uns befindet sich die Kantonsbibliothek. Wir finden daher fast alles, was wir brauchen, ohne nach draußen gehen zu müssen."

Studierender 3 | BA 1. Semester: „Ausgenommen von Geschichte und Theorie finden alle Vorlesungen im alten Postgebäude direkt neben dem Hauptbahnhof statt. Das hat für uns den Vorteil, dass wir kurze Wege haben und nicht ständig zwischen Fachhochschulzentrum und Atelier pendeln müssen. Auch ist so ein außerordentlich guter ÖV-Anschluss gewährleistet."

Finden weitere Aktivitäten neben der Arbeit an den Entwürfen im Arbeitsraum statt – gemeinsame Mahlzeiten, Partys, Treffen, Verabredungen, Termine usw.?

Studierender 1 | BA 5. Semester„Allein essen tut hier niemand. Meistens essen alle, die gerade da sind, zusammen auf den Sofas oder an den Tischen. Das gilt für Mittag- und Abendessen. Manchmal gehen wir auch in die Mensa des Fachhochschulgebäudes. Da wir eigentlich rund um die Uhr zusammen im Atelier sind, bilden sich schnell enge Freundschaften. Wenn der Schulstress noch nicht so groß ist, gehen wir oft abends noch etwas zusammen trinken oder in den Ausgang. Manchmal gibt es sogar atelierinterne Partys, die von uns Studierenden organisiert werden."

Studierender 2 | BA 3. Semester: „Direkt neben meinem Arbeitsplatz hängt eine Dart-Scheibe. Im Semester werden auch vereinzelt Partys gefeiert und am Wochenende dient das Atelier auch als Treffpunkt, bevor wir die Stadt unsicher machen. Da wir ausserdem als ganzer Studiengang etwas dezentral vom Fachhochschulzentrum stationiert sind, findet eigentlich unser ganzer Tagesablauf in den Ateliers statt."

Studierender 3 | BA 1. Semester: „Ja, wir haben einen super Jahrgang und sitzen oft auch abends zusammen im Atelier. Bei einem gemütlichen und wohlverdienten Feierabendgetränk lässt es sich hervorragend über das Studium und das Leben selbst sinnieren."

Wie ist der Austausch innerhalb der Studios – unter den Studierenden und mit den Lehrenden? Wird der Austausch durch die architektonische Gestaltung der Räume begünstigt?

Studierender 1 | BA 5. Semester: „Einzelne Studios gibt es in dem Sinne nicht, sondern zwei Ateliers, die man sich wie Großraumbüros vorstellen kann. In dem einen haben das erste und zweite Jahr ihren Arbeitsplatz, im anderen wir aus dem dritten Jahr. Da wir aber alle Räumlichkeiten teilen und auch manche Fächer gemeinsam besuchen, ist auch hier der Austausch groß. Durch die verschiedenen Räume, wie die Werkstatt, das Fotolabor, die Druckwerkstatt, etc. hat man viele Medien zur kreativen Entfaltung seiner Projekte zur Auswahl. Es ist auch immer spannend, die Projekte anderer Jahrgänge zu sehen und den Studierenden aus den tieferen Jahren zu helfen und Meinungen auszutauschen. Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden sind zusätzlich einmal pro Woche da und unterstützen uns individuell bei den laufenden Projekten."

Studierender 2 | BA 3. Semester:  Da wir sieben Klassen aufgeteilt auf zwei Ateliers sind, ist der Austausch untereinander sehr gut. Dazu kommen noch die kleinen Gruppen und die Partys, die wir alle zusammen organisieren und feiern."

Studierender 3 | BA 1. Semester„Ich finde schon. Das großräumige Atelier ist die Grundlage, dass ein konstruktiver Austausch auch unter den verschiedenen Semestern stattfinden kann. Man kann jederzeit anderen Studierenden Fragen über ihre momentane Aufgabe stellen und darüber diskutieren."

 

Gibt es in deiner Fakultät eine räumliche Besonderheit des Gebäudes, in dem die Architekturlehre stattfindet? 

Studierender 1 | BA 5. Semester: „Ich finde das gesamte Atelier einen tollen Ort um zu studieren. Es ist wirklich ein riesiger Ort für relativ wenig Studierende, wodurch es zu unserer eigenen kleinen Architekturwelt wird. Dass wir so früh kommen und so lange bleiben können, wie wir wollen, macht einen weiteren sehr positiven Aspekt aus. Dadurch fühlt sich das Atelier noch mehr wie ein zweites Zuhause an."

Studierender 2 | BA 3. Semester: „Ein Vorteil ist auf jeden Fall, dass alle Studierenden ihren eigenen Arbeitsplatz haben und diesen nur jedes Jahr wechseln müssen. Die beiden Atelierräume laden mit ihrer Größe auch ein, miteinander zu sein und zusammenzuarbeiten. Sofas und Aufenthaltsecken tun ihr Restliches zu einer angenehmen Atmosphäre."

Studierender 3 | BA 1. Semester: „Ich finde es schon besonders, dass wir in einem alten Postgebäude, in dem früher Briefe sortiert wurden, nun Architektur gelehrt wird. Überhaupt ist das Gebäude mit seinen hohen Decken ein spannender Ort, an dem sich auch Spuren vergangener Jahre ablesen lassen."


Was schätzt du an eurem Arbeitsraum am meisten, und was würdet ihr ändern wollen? Welche Qualitäten weist das ideale Studio/Atelier auf?

Studierender 1 | BA 5. Semester: „Am meisten schätze ich die vielen Freundschaften und das enge Miteinander zwischen allen Studierenden. Hier kennt man fast alle bei Namen, sieht sich so gut wie jeden Tag und macht dadurch auch vieles gemeinsam. Man erlebt einander in seinen stressigsten Phasen am Ende des Semesters, mit dunklen Augenringen und ungewaschenen Haaren – und dann feiert man ausgelassen nach der Abgabe. Diese Gemeinschaft werde ich am meisten vermissen. An den Räumlichkeiten habe ich kaum etwas auszusetzen, es ist toll, seinen eigenen festen Arbeitsplatz zu haben, von den vielen Medien, die einem zur Verfügung stehen ganz zu schweigen. Aber egal, wie viel Platz es gibt, für den Modellbau gibt es irgendwie nie genug freie Tische und man muss Kompromisse finden. Aber dafür sind uns ansonsten kaum kreative Grenzen gesetzt."

Studierender 2 | BA 3. Semester: „Mit am besten finde ich die semesterübergreifende Zusammenarbeit. Da wir jedoch eine junge Schule sind, fehlt manchmal noch der organisatorische Feinschliff. Daran wird aber auch unter Einbezug der Studierenden ständig gearbeitet. Im Großen und Ganzen bin ich mit meiner Wahl sehr zufrieden. Die zugehörigen Partys machen das Leben an der ArchitekturWerkstatt nur noch besser."

Studierender 3 | BA 1. Semester:  „Die großen Fensterfronten, die viel Licht ins Atelier bringen, die eigenen Arbeitsplätze und das Zusammengehörigkeitsgefühl durch die großen, offenen Räume. Verbesserungspotential habe ich noch keines entdeckt, das kommt aber vielleicht noch mit den Jahren."