Wohnen auf dem Heuboden: Raummöbel in einem ehemaligen Kuhstall

Für mehrere Nebengebäude des Schlosses Kannawurf fehlte ein geeignetes Nutzungskonzept. In nur vier Tagen planten und realisierten Studierende Raummöbel nach dem Haus-im-Haus-Prinzip.

Rund 50 Kilometer nördlich von Erfurt liegt das Schloss Kannawurf. Erbaut wurde die dreigeschossige Dreiflügelanlage mit den charakteristischen Ecktürmen und Zwerggiebeln zwischen 1560 und 1570. Seit über 20 Jahren machen die Burgherren und zahlreiche Helfer*innen das über 450 Jahre alte Schloss sukzessive wieder nutz- und erlebbar. Da für einige Nebengebäude noch ein Nutzungskonzept fehlte, schrieben die Besitzer*innen des Schlosses einen bundesweiten Wettbewerb aus, der sich gänzlich an Hochschulen und Universitäten richtete. Unter der Leitung von Prof. Monika Joos-Keller und Prof. Juri Troy planten und realisierten Studierende der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) Kleinstwohnzellen. Die Raummöbel wurden in das gut erhaltene Stallgebäude integriert und sollen sich harmonisch in das hölzerne Tragwerk einfügen.


Vier Tage, vier Studierende, ein Heuboden

Eine vierköpfige Gruppe Studierender entwarf und realisierte in nur vier Tagen ein Raummöbel, das dem Heuboden eines ehemaligen Kuhstalls neues Leben einhauchen sollte. Die Stallungen zeichnen sich durch ein weitläufiges Raumgefühl aus. Das hölzerne Tragwerk rastert den Raum und verleiht ihm dadurch Struktur. Um diese Atmosphäre so wenig wie möglich zu stören, entschieden sich die Studierenden für ein Raummöbel mit möglichst kleinem Volumen. Nach dem Haus-im-Haus-Prinzip sollen zehn dieser temporären Unterkünfte auf dem Heuboden verteilt aufgestellt werden. Diese Module bieten etwa Künstler*innen oder freiwillige Helfer*innen das ganze Jahr über die Möglichkeit, darin zu wohnen.


Alles, was man braucht auf zwei Quadratmetern

Die Grundfläche einer Wohnkapsel ist nur etwa zwei Quadratmeter groß und beherbergt einen Schlafplatz, einen Schreibtisch sowie einen Schrank. Im Eingangsbereich ist der neue Raum am höchsten, um ein bequemes Eintreten zu ermöglichen. Bis zur Mitte ist eine Schlafebene auf 1,60 Meter Höhe eingezogen. Der Platz darunter kann für sitzende Tätigkeiten genutzt werden. Zwei kreisrunde Fenster gewähren Aus- und Einblicke. Der kompakte Baukörper besteht aus Konstruktionsvollholz und Seekieferplatten. Schraubverbindungen halten das Bauwerk zusammen. Die olivgrüne Farbe erreichten die Studierenden mit pigmentiertem Leinöl.


Wie geht es weiter?

Nachdem die Studierenden im Juli 2023 ein solches Möbel auf dem Heuboden errichtet haben, stellte sich die Frage, wie es mit dem Projekt weitergeht. Laut Angaben von Prof. Monika Joos-Keller seien die Bauherr*innen begeistert von dem Konzept und planen, neun weitere Raumkapseln in Eigenregie zu errichten.  Diese sollen auf dem Heuboden aufgestellt und vermietet werden. Neben den Wohneinheiten sollen den Bewohner*innen des Heubodens zudem zukünftig eine gemeinschaftlich genutzte Küche sowie zwei Sanitärzellen zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt hat Möglichkeiten aufgezeigt, wie der historische Bestand mit minimalen Eingriffen nicht nur konserviert, sondern darüber hinaus auch wiederbelebt werden kann.