„VOLTA“: Gedruckte Lehmarchitektur

In Barcelona stellte das Institute for Advanced Architecture (IAAC) sein neuestes Forschungsprojekt im Bereich der additiven Fertigungstechniken mit Biomaterial vor. 

Seit 17 Jahren forscht das IAAC an zukünftigen Lebensumfeldern unserer Gesellschaft. Bei ihrem Postgraduiertenprogramm 3D Printing Architecture (3DPA) geht es allerdings nicht nur um eine langfristige architektonische Lösung, sondern darum, die neueste Technologie auf heutige Anforderungen in der Baubranche anzuwenden. Das Forschungsprogramm arbeitet dabei unter anderem an 3D gedruckten Strukturen aus Lehm für einen vollständig zirkulären Bauprozess. In Zusammenarbeit mit dem Industriepartner WASP entstand bereits 2022 das erste Lehmhaus „TOVA“ in den Valldaura Labs in Barcelona. Mit „VOLTA“ folgte nun der zweite Prototyp.

Living Prototypes

Der Entwicklung des digital gefertigten Pavillons ging das kollaborative Projekt „Living Prototypes” voraus. Finanziert vom Forschungsinnovationsprogramm Zukunft Bau und kuratiert von der ANCB in Berlin, wurden Möglichkeiten für den Einsatz von Biomaterialien in der gebauten Umwelt erforscht.  Um Bautechniken mit Erdmaterial, Biokunststoffen und Flachsfasern zu entwickeln, arbeitete das IAAC mit dem CITA von der Königlich Dänischen Akademie in Kopenhagen und dem ITKE von der Universität Stuttgart zusammen. Diese Kollaboration ebnete den Weg für das 3DPA Projekt und soll in Zukunft auch größere Gebäude durch die adaptive Fertigung mit Biomaterialien ermöglichen. 

Die Fünfte Fassade

In der siebten Runde des 3D Printing Architecture Programms haben die Beteiligten den Pavillon VOLTA entwickelt.  Der Entwurfsphase gingen Forschungen unter anderem zu den Themen strukturelle Geometrien und aktiv biegende Stützsysteme voraus. Eine kleine 3D-gedruckte Lehmstruktur sollte Platz für eine Person bieten und innerhalb des vier Meter Druckradius des WASP Krahns produziert werden können. Besonderes Augenmerk lag auf der „Fünften Fassade“, ein überspannendes Dach, das an die Fertigungstechnik bisher große Herausforderungen stellte. Durch einen internen Wettbewerb hat man aus sechs Entwürfen einen Prototyp für die Umsetzung ausgewählt. 

Neben der additiven, robotergestützten Fertigung steht bei 3DPA auch ein emissionsfreier und zirkulärer Bauprozess im Fokus. Daher fand das Projekt ein weiteres Mal in Folge am Standort Valldaura Labs statt. Hier konnten die Mitarbeitenden das Druckmaterial vor Ort abbauen und für die direkte Weiterverarbeitung vorbereiten. Innerhalb von 15 Tagen haben sie so 5,4 Tonnen Lehm für den 3D-Druck des Prototyps VOLTA verwendet.

Mit dem Einsatz von verschiedenen aktiven, geometrischen und passiven Strategien haben die Macher*innen die „Fünften Fassade“ realisieren können. Der Pavillon besteht aus einer doppelt gewölbten Geometrie mit absteigenden Bögen, die den Raum nach oben hin umschließen. Ermöglicht hat dies ein aktives Biegestütz-System aus Holz. Durch Schrauben kann man die Längen der einzelnen Elemente einstellen. Das System ist für die Demontage ausgelegt und kann nach der Trocknungszeit des Prototyps entfernt und für den Bau anderer Strukturen wiederverwendet werden.

3D gedruckte Aussichten 

Durch den diesjährigen Schwerpunkt der „Fünften Fassade“ entstanden neue Konstruktionstechniken, die das Spannen zwischen Wänden sowie die Realisierung von Bodenplatten und Dächern ermöglichen. Pavillon VOLTA ist damit ein Vorreiter in der 3D-Druck Erdarchitektur, und die Studierenden des 3DPA haben die Grenzen konventioneller Fertigungstechniken erweitert. Die erfolgreiche Fertigstellung des Prototyps unterstreicht die vielfältigen Potenziale des 3D-Drucks mit Biomaterialien. 3DPA zeigt erste Ideen, wie eine biobasierte Zukunft im Bauwesen aussehen könnte.