Häuser in Häusern: Das Forschungsprojekt àDisposition

Ein interdisziplinäres Team hat in der Schweiz ein modulares System entwickelt, um temporäre Räume in größeren Bestandsbauten digital planen und einfach umsetzen zu können.

Die Berner Fachhochschule (BFH) startete 2022 ein Forschungsprojekt zur Entwicklung eines modularen Baukastensystems aus Holz, um Bestandsbauten temporär nutzbar zu machen. Unter der Leitung von Prof. Christophe Sigrist arbeiten im Projekt verschiedene Akteur*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, darunter kleine und mittlere Unternehmen aus Architektur, Bauphysik, Holzbau und Holzpaneelherstellung. Das interdisziplinäre Team realisierte einen 1:1-Prototyp, der in einer großen ungenutzten Lagerhalle (DISPO) in Nidau nahe Biel steht.

Leerstand clever nutzen

Die Umnutzung leerstehender Gebäude und Flächen ist heute gesellschaftlich von großer Bedeutung. Solche Leerstände bergen oft großes Potenzial für temporäre Nutzungen, bei denen innovative Arbeits- und Kreativräume sowie neue Identitäten geschaffen werden können. Diese Pioniernutzungen können eine Strahlkraft entwickeln, die weitere Initiativen und Ideen für den Bestand nach sich ziehen. Das Projekt zielt darauf ab, eine modulare Haus-in-Haus-Lösung zu entwickeln, die später auch im Außenbereich einsetzbar ist. Dabei soll sich das eingesetzte Modul flexibel an verschiedene Bestandsbauten anpassen können. Mögliche Nutzungsszenarien sind Sportveranstaltungen, Notunterkünfte oder temporäre Wohnkonzepte in ungenutzten Räumen. Das übergeordnete Ziel besteht darin, das System bis zur Marktreife weiterzuentwickeln.

Modular und digital

Das Projekt fußt auf vier Schritten: Zuerst werden digitale Entwürfe erstellt und als Teilstrukturen getestet. Diese Tests beinhalten die Entwicklung von Verbindungsarten und Schichtaufbauten, die auf spezifische Anwendungsfälle zugeschnitten sind. Im Fokus steht die Implementierung modularer Prinzipien wie geringem Gewicht, einfacher Technik, Skalierbarkeit und typologischer Flexibilität. Das entwickelte System soll robuste Verbindungssysteme erzeugen, die eine Selbstmontage ermöglichen. Ein weiteres Standbein des Vorhabens ist die Entwicklung eines Konfigurators, der mit einem digitalen 3D-Planungs- und Visualisierungstool die Modulproduktion unterstützt. Der Konfigurator basiert auf bestehender Software wie Rhino, Grasshopper und Lignocam.

Ergebnisse und Prototyp

Die ersten Ergebnisse des Projekts zeigen vielversprechende Fortschritte. Zwei Personen können ein vollständiges Modul manuell aufbauen. Dank einfacher Klemmverbindungen und spezieller Positionierungselemente lässt sich das gesamte Modul in weniger als einem halben Tag installieren und einsatzbereit machen. Die Materialauswahl berücksichtigte Anforderungen an Bauphysik, Ästhetik und Gewicht. Der fertiggestellte Prototyp in Nidau hat die Maße 3,6 × 3,6 Meter und besteht aus tragenden Elementen und raumbildenden Paneelen. Als erster Nutzer wird dort ein Physiotherapeut einziehen. Die entwickelten Module werden weiter optimiert und in realitätsnahen 1:1-Tests geprüft.