Flexibler Rost: Der Diagrid Pavillon
Die großen Gartenschauen bieten seit jeher Raum für kleine Architekturexperimente. Auf der Landesgartenschau 2024 in Bayern hat ein interdisziplinäres Hochschul-Team ein neues Verbindungssystem erprobt.
Ein Gemeinschaftsprojekt von Architekt*innen und Bauingenieur*innen von der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Ohm) lässt sich bis zum 06. Oktober 2024 auf der Bayerischen Landesgartenschau Kirchheim bei München besichtigen. Nach zwei Jahren Entwicklung entstand der „Diagrid Pavillon“ auf dem Gartenschaugelände in nur zwei Tagen Aufbauzeit. Die Besonderheit: Es handelt sich um eine faltbare Konstruktion aus Holzplatten, die mit einem neu entwickelten Verbindungsteil, dem sogenannten „FlexiNode“ verknüpft sind. Das DesignBuild-Projekt präsentiert den ersten Prototypen dieses innovativen Konstruktionsprinzips. Während der Landesgartenschau dient der Pavillon als überdachter „Flowerpoint“ für Floristikprodukte.
Patentierte Verbindung
Die Konstruktion besteht im Wesentlichen aus Sperrholzbrettern, die mit „FlexiNodes“ zu einem diagonalen Rost verbunden sind. Diese patentierten Verbindungselemente aus Nylon entstehen im 3D-Druck und lassen sich später leicht von den Brettern lösen und sortenrein recyceln. Trotz ihrer Flexibilität und einer Filmscharnierbreite von unter zwei Millimetern übertragen sie zuverlässig Kräfte zwischen den Platten. Jeder „FlexiNode“ ist ein Ring aus kurzen, dünnen Filmscharnieren und starren Querschnitten. Alle Bretter sind jeweils an ihren äußeren Kanten mit zwei Filmscharnieren verbunden, was Bewegungen in zwei Richtungen ermöglicht.
Praktisch faltbar
Mit diesen Scharnieren sind unterschiedliche Winkel zwischen Brettern einstellbar. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit einer rechtwinkligen Konfiguration des Rostes oder einer Rautenform. Ein Vorteil dieses Prinzips: Es lässt sich komplett flach falten. Alle Bretter liegen demnach flach nebeneinander, was den Transport erleichtert. Zwei vertikale Wandscheiben mit diagonalen Maschen und eine passende Dachscheibe bilden ein ausgesteiftes System, das sich in Einzelelemente zerlegen und platzsparend handhaben lässt. Beim Pavillon in Kirchheim bestehen jedoch nicht alle Verbindungen aus „FlexiNodes“. An den Ecken, der Traufe und den Sohlbrettern sind 3D-gedruckte Sonderelemente integriert. Diese starren Bauteile und das diagonale Raster steifen den Pavillon aus. Das Dach ist mit Polycarbonatplatten gedeckt.
Gestaltungsmöglichkeiten
Durch die Tiefe der Bretter bekommt der Pavillon zwei Gesichter. Von vorn wirkt das Gitter offen und transparent. Bewegt man sich allerdings um das Objekt herum, verwandelt sich das Antlitz, und die Wände verschließen sich optisch. Durch die kontinuierliche dreidimensionale Fortsetzung des Rasters, die keine klaren Abschlusskanten ausbildet, sondern wellenförmige Ränder, bekommt das Volumen eine durchlässige, leichte Anmutung und verliert an Starrheit.